Hallo,
Ich (38), verheiratet, 2 Töchter (4 und 6) habe vorgestern überraschend positiv getestet und gestern beim Arzt erfahren dass ich in der 11. Ssw mit Zwillingen bin.
Mein Mann und ich haben vor wenigen Monaten darüber gesprochen, dass unsere Familienplanung abgeschlossen ist, wir verhüten seit ca. 3 Jahren mit dem Nuva-Ring.
Die Nachricht hat uns vollkommen von den Socken gehauen.
Wir sind beide berufstätig. Mein Mann ist beruflich ziemlich unter Last und in einer verantwortungsvollen Position. Er hat oft Stress und muss auch nach Feierabend und im Urlaub noch Telefonate führen u.Ä.
Ich arbeite halbtags und bin mit Haushalt und den verschiedenen Aktivitäten meiner Töchter (je 3-4 Hobbys an 4 Wochentagen zzgl. Verabredungen) sowie meiner Unterrichtsvorbereitung auch voll ausgelastet.
Wir haben vor 2 Jahren ein Haus gekauft, für das wir einen Kredit abbezahlen und auch noch einiges im und ums Haus richten müssen.
Meine Mutter wohnt im gleichen Ort, pflegt meinen demenzkranken Vater (Pflegegrad5) und ist damit auch am Ende ihrer Kräfte, zumal sie selbst gesundheitlich eingeschränkt ist. Sie passt zwar gerne ab und zu auf die Kinder auf, braucht aber auch öfter unsere Hilfe.
Die Familie meines Mannes lebt 400 km entfernt.
Für meinen Mann ist die Situation nun besonders schwierig, weil er vor 14 Jahren schon einmal in der Situation war ungewollt Vater zu werden. Die damalige Partnerin hat ihn mehrfach hintergangen und er war an der Entscheidung damals nicht beteiligt. Die Beziehung zu dieser Frau ist nach wie vor schwierig. Mein Mann zahlt über 600 Euro Unterhalt für seine große Tochter, die wir nach langem zermürbenden Kampf um eine Besuchsregelung mehrmals im Jahr besuchen.
Nun fühlt er sich in die damalige Lage zurückversetzt ist verängstigt und hat das Gefühl, sein Leben nicht kontrollieren zu können. Für ihn wären es ja nun Kinder Nummer 4 und 5. Sollte aus irgendeinem Grund unsere Ehe scheitern (derzeit gibt er dazu keinen Anlass, aber dennoch...), befürchtet er Unterhalt für 5 Kinder zahlen zu müssen. Für ihn wäre es die Vollkatastrophe auf einmal Vater von 5 Kindern zu sein. Ich spreche nicht von leichtem Unwohlsein sondern von großen Ängsten.
Auch sonst müssten wir unser Leben radikal umstellen. Bei den Autos angefangen über den Platz im Haus Bis hin zu zeitlichen und finanziellen Ressourcen. Wir beide befürchten, dass wir organisatorisch mit 4 Kindern überfordert wären und auch unsere Beziehung Und das Familiensystem leiden würden. Finanziell würde es wahrscheinlich irgendwie hinhauen, aber natürlich mit großen Einschränkungen. Große Urlaubsreisen oder auch die vielen Hobbys wären für 4 Kinder nicht drin.
Während die Vernunft mit jeder Faser meines Körpers ruft: „ Das ist Wahnsinn! Das könnt ihr niemals schaffen! Mein Mann würde unter der Last zerbrechen! Du wärst mit deinen Kräften am Ende!“ und „Denk doch auch mal an die beiden Kinder, welchen Einfluss hätte die Entscheidung auf sie?“
Da sagt mein Herz leise „Aber da sind diese beiden wunderschönen 3 cm großen Kinder, die von alledem gar nichts wissen. Was würde das Leben ihnen und uns an Schönem bieten? Könnte ich mit der Entscheidung gegen die Beiden wirklich leben und glücklich werden?
Ich hatte nach der Geburt unserer ersten Tochter 2 Fehlgeburten jeweils in der 9. Woche. Die Föten jetzt sind schon weiter und quasi „ über den Berg“...
Welche Türen öffnen sich, welche schließen sich mit der Entscheidung?
Guten Morgen, liebe Rachel,
dass du vorgestern den positiven Schwangerschaftstest in der Hand gehalten hast und schon in der 11. Woche bist und dazu Zwillinge erwartest - kein Wunder, dass dich das so von den Socken gehauen hast. Und kein Wunder, dass du heute Nacht wenig schlafen konntest - zumindest früh wach warst! Es ist wirklich viel auf einmal, was dir durch den Kopf geht. Und es hat dir vielleicht für’s erste mal gut getan, dass du eure Lebenssituation hier mal aufgeschrieben hast. Und was mit den beiden Kindern an Veränderungen auf euch zukommen würden. Zumindest, wie du sie dir momentan vorstellst. So ganz können wir im Voraus nie sagen, wie es dann wirklich wird.
Du hast auch aufgeschrieben, was dein Herz spricht. Leise und doch spürst du, was für ein Gewicht diese Stimme deines Herzens doch hat. Wahrscheinlich auch durch die beiden Fehlgeburten, die du erlitten hast. Es tut mir sehr leid…
Deine beiden Fragen nach den Türen rufen nach Zeit, dass du ihnen nachgehst. Ich kann mir vorstellen, dass der Gedanke, dass du schon in der 11. Woche bist, dir Druck machen will. Trotzdem - ich möchte dir sehr raten, dir die Zeit zu geben. Damit du sorgfältig abwägen kannst. Du hast Bilder von Türen - magst du - für dich oder hier - noch ein bisschen weiter aufschreiben, was du dir hinter den verschiedenen Türen vorstellen kannst - und wünschst.
Ich schicke dir gute Gedanken und viel Kraft! Ganz liebe Grüße
Oh, das glaube ich dass du jetzt eine ganz schöne Achterbahn im Kopf hast.
Du befindest dich ja noch im Schockzustand, so eine Nachricht, die das ganze Leben durcheinander wirft, muss erstmal verdaut werden.
Im Moment türmen sich die ganzen Probleme wie riesige Berge vor dir/euch auf.
Umso schöner, dass du aber auch schon einen leisen Hauch von Zuversicht und Verantwortung für die beiden Kinder spürst.
Ich glaube, dass ihr das schaffen könnt! Natürlich wird es mir vier Kindern nicht immer leicht und natürlich muss man sich auch finanziell etwas einschränken. Aber dafür bekommt man zwei wunderbare, neue kleine Menschen, deren Lachen das alles wert ist!
Ich komme selbst aus einer Familie mit vier Kindern, mein Vater war Alleinverdiener und wir hatten nicht viel. Aber die Geschwister zu haben, ist so viel mehr wert als ein teures Hobby oder teuer Urlaubsreisen!
Auch jetzt, wo ich erwachsen bin, sind meine Geschwister mir unheimlich wichtig.
Ich glaube, wenn du die Nachricht erstmal verdaut hast, wirst du nach und nach Lösungen für all die Probleme, die du jetzt siehst, finden.
Du schaffst das!
Hallo Sanne und Frau vom Dorf, danke für eure Antworten und die aufmunternden Worte. Schlaf finde ich tatsächlich in den letzten beiden Nächten kaum. Meinem Mann geht es genauso.
Heute haben wir lange geredet, und sehr viel geweint. Es hat uns aber beiden gut getan.
Die Tendenz geht nach wie vor eher in die Richtung uns gegen die Kinder zu entscheiden, so schwer das uns beiden auch fällt. Mein Mann würde den zusätzlichen Stress nicht verkraften und mir ist es auch wichtig zusammen zu stehen. Er sagt aber auch, wenn ich Zweifel habe trägt er auch eine anderslautende Entscheidung mit mir. Wechselweise finde ich die Entscheidung gegen die Kinder mal vernünftig und das Beste für unsere Familie, dann wieder beängstigend und unendlich traurig...
Wir waren früher auch zu viert und meine Mutter musste mit dem Geld ganz schön haushalten, aber irgendwie ging es immer. Und Geschwister sind wirklich etwas schönes. Die Mädchen haben ja aber auch schon sich gegenseitig und ihre Halbschwester, die wir regelmäßig sehen.
Im Moment fühlen sich beide Entscheidungsmöglichkeiten oder Türen falsch an. Beim der einen (gegen die Kinder) bekomme ich regelrechte Panikattacken mit Herzklopfen und Bruststechen, aus Angst mit der Entscheidung nicht leben zu können. Wenn aber die Vernunft wieder die Oberhand gewinnt finde ich, dass es richtig ist unser Glück nicht zu strapazieren und mit dem zufrieden zu sein was wir gerade haben. Zwei perfekte, gesunde Töchter, eine glückliche Ehe, die wiedergewonnene Freiheit auch mal wieder zu zweit abends auszugehen, finanzielle Sicherheit und die Möglichkeit sich auch mal den ein oder anderen Luxus zu gönnen.
Hinter der anderen Tür (Entscheidung für die Kinder), habe ich das Gefühl ich würde egoistisch handeln, die Bedenken und Ängste meines Mannes nicht ernst nehmen und meinen Töchtern ein Stück Lebensstandard nehmen. Sie müssten die Konsequenzen der Entscheidung ja mit tragen. Mein Mann erlebt ein altes Trauma wieder und glaubt bei vier Kindern weder Job noch Familie geschweige denn sich selbst gerecht werden zu können. Wir hatten ja auch vereinbart, dass nach unseren zwei Töchtern für uns Schluss ist. In der Ehe finde ich müssen Entscheidungen gemeinsam und verlässlich getroffen werden. Und mich schüchtert die Vorstellung vier Kinder zu haben natürlich auch ein!
Manchmal blinkt aber dann für einen Augenblick ein Bild durch bei dem zwei kleine Jungs (aus irgendeinem Grund sind es in meiner Vorstellung Jungen) mit dunkelblauen kurzen Latzhosen auf dem Rasen sitzen in sich gegenseitig vollplappern oder auf Duplosteinen lutschen oder tapsige erste Schritte an der Hand laufen. Und blitzschnell kommen dann Ideen, welche Räume man wie umgestalten könnte um den beiden ein Kinderzimmer einzurichten oder wie man Sitze im Auto arrangieren könnte, damit wir zumindest eines der Autos weiter benutzen könnten. Dann muss ich mich bremsen nicht nach Multivans oder Zwillingskinderwagen zu googeln.
Was alles nötig wäre um das funktionieren zu lassen... Um noch zwei Kinder unterzubringen müssten wir neben den bereits genannten finanziellen und organisatorischen Schwierigkeiten zum Beispiel auch die Einliegerwohnung auflösen. Dafür hatten uns meine Eltern allerdings beim Hauskauf 100.000 € dazugegeben, unter der Bedingung dass wir später einen von beiden bei uns aufnehmen. Ich würde mir dann das Erbe quasi auszahlen lassen. Meine Mutter wird Verständnis dafür haben. Die Miete, die wir derzeit noch bekommen fällt als Einkommen weg. Auch meines für mindestens ein Jahr. Bei den anderen Kinden habe ich nach einem Jahr jedes mal wieder angefangen zu arbeiten, aber klappt das auch mit vier Kindern? Und Einjährigen Zwillingen? Wenn wir überhaupt einen Krippenplatz bekämen!
Außerdem beschäftigt mich der Gedanke was wäre, wenn die Kinder oder eines der beiden nicht gesund wären? Ein krankes oder behindertes Kind würden wir zu diesem Zeitpunkt nämlich wirklich nicht verkraften. Wir hatten gerade vor kurzem im Freundeskreis einen solchen Schicksalsschlag erlebt.
Bei Zwillingen lässt sich das wohl sicher nur über eine Fruchtwasseruntersuchung klären, die ich auch auf jedenfalls machen würde, wenn wir uns für die Kinder entscheiden würden. Was ist dann aber, wenn Eimers gesund, das andere krank wäre? Käme für uns ein selektiver Fetozid in Frage?
Morgen hoffe ich einen Termin bei einer Beratungsstelle ausmachen zu können. Wahnsinnig viel Zeit für eine konkrete Entscheidung habe ich nämlich nicht!
Liebe Rachel,
dass ihr wenig Schlaf findet, kann ich mir gut vorstellen. Dass du so plötzlich schon so weit in der Schwangerschaft bist, hat dir gar keine Zeit gelassen, dich langsam dreinzufinden und die Nachricht in Ruhe sacken zu lassen. Dann gleich Zwillinge.
Es ist wirklich kein Wunder, dass du dich wie im Ausnahmezustand fühlst. Und dass viele Tränen fließen
Dein Mann hat große Ängste, weil er sich an seine Erfahrung mit einer früheren Partnerin zurückversetzt fühlt. Wie ich dich verstehe, lebt ihr in einer völlig anderen Beziehung als er damals. Er ist der Vater deiner beiden Töchter, richtig?! Eure Ehe ist stabil und du sagst, es gibt keinerlei Anlass für Trennungsgedanken. Kannst du ihm versichern, dass es so ist. Muss er es vielleicht einfach so deutlich hören – weil ihn die Frau damals doch so hintergangen hat?! Ihm sagen, dass du noch viele gute Ehe- und Familienjahre mit ihm erleben willst. Auch wenn es ihm selbst grade nicht so gut gelingt, die beiden Situationen für sich getrennt zu sehen, kannst du es doch für dich tun. Du kannst seine Ängste ernst nehmen und sie doch realistisch für dich (und ihn?!)einordnen.
Dein Herz spricht leise – das Ultraschallbild ist dir vor Augen. Es geht mir so sehr nahe, dass dich der Gedanke an die Entscheidung gegen die Kinder unendlich traurig macht, dass du Panikattacken mit Herzklopfen dabei bekommst! Dein Herz spricht damit ganz schön laut
Du siehst schon ganz konkret zwei kleine Jungs und malst schon ein Bild von ihrem Kleinkinderleben. Dazu kreative Ideen, was ihr umgestalten könnt. Du spürst vielleicht, nicht alles im Leben lässt sich planen und immer wieder geschieht vieles ungefragt. Doch es bringt dich in Gang, du musst dich bremsen, dass du nicht nach Multivans und Zwillingskinderwagen googelst. Warum musst du dich bremsen? Vielleicht wäre gerade das der Weg?! Deine Frage gestern war nach den Türen, welche sich öffnen. Warum nicht reingucken, wenn sich dir die Tür öffnet?! Wie geht es dir dabei?!
Du darfst dich selbst und dein innerstes Empfinden an erste Stelle setzen. Dein Mann empfindet nicht so unmittelbar wie du. Du trägst die Zwillinge unter deinem Herzen. Er braucht dich, dass du es (dich) ihm erklärst. Ich wünsche euch weitere gute Gespräche!
Wieder ganz liebe Grüße zu dir von Sanne
Liebe Rachel,
wie war deine Nacht auf heute?
Ich hoffe, du findest bisschen Ausgleich und kannst Momente im Tag freihalten, wo du langsam machen kannst und zur Ruhe kommst.
Ich glaube, Eile und Angst sind bei dieser Entscheidung nicht günstig.
Und wirklich: Was DU empfindest ist ganz wichtig. Es ist einmalig. Nur du spürst diese beiden in dir. Du bist unvertretbar mit dem, was du spürst und was dir wichtig ist.
Als Frau ist man so leicht geneigt, das zu übergehen. Für jemand anders. Und das mag gut ausgehen.
Jetzt stehst du aber zwischen zwei Menschen, könnte man sagen, pardon - zwischen zwei und einem.
Zwei plus zwei. Es ist ein Quantensprung. Und das macht euch beiden Angst.
Das verstehe ich gut.
Aber ich denke auch: Gehe durch die Tür, die du neu siehst und die sich dir öffnet!
Du hast einmaligen Mut. Du hast einmalige Ideen. Du nimmst niemandem etwas, wenn du deine beiden Boys (?!) zur Welt bringst. Deinem Mann nicht und deinen Töchtern nicht. Alle werden reicher! Reicher an Erfahrung und Beziehung. Ihr seid dann ein Hingucker!
Allein, dass es so spät bemerkt wurde, könnte schon ein Zeichen sein. Von zwei Pfiffigen, die sich gern verstecken und nicht so leicht finden lassen.
Dein Mann hat Angst vor etwas, was war und wieder kommen könnte ... das gibt keine Ideen und keine Kraft.
Dein Blick hinter die dritte Tür hat dagegen etwas sehr Vitales!
Das Leben bleibt immer ein Wagnis. Sicher möchte dein Mann auch seine älteste Tochter nicht "nicht haben"!? Er hat damals auch gewagt. Was uns im Herzen schwer ist, tragen wir halt oder legen es mal ab. Hm?
Bin ich dir zu positiv?
Ich hoffe sehr, dass es gut ausgeht für euch alle!!
Auch wenn nicht alles gleich glatt und super ist. Dafür dauert Schwangerschaft ja auch einige Monate.
Fühlst du dich den körperlich gut? Das ist ja auch enorm: Das erste Schwangerschaftsdrittel kann ja eine schwere Zeit sein - und du hast das fast nebenbei "erledigt".
Liebe Grüße von Layla
erst wenige Tage sind seit deinem ersten Schreiben hier vergangen. Fühlst du dich schon ein bisschen gefasster seit dem überraschenden positiven Test?! Warst du schon bei der Beratungsstelle - wenn ja, wie ging es dir damit?! Was hat dir weitergeholfen?!
Komme wirklich zur Ruhe, so gut es jetzt irgend geht. Auch wenn die Zeit drängen will, nimm’ dir trotzdem soviel, wie du brauchst. Nur in der Ruhe kannst du erkennen, was dir tief im Herzen wertvoll und wichtig ist. Was dich durchträgt. Hast du deinem Mann erzählen von den kleinen Jungs erzählen können, die in einem Bild aufgeblinkt sind?! Wie geht es euch miteinander? Hab’ Mut, dich ihm zu erklären.
Schreibe doch gerne, was dich weiter beschäftigt und was dein Herz heute sagt.
Viel Kraft für dich heute und ganz liebe Grüße