ich muss immerzu an eine bekannte denken und versuchs mal hier in diesem forum – vielleicht hat ja jemand einen rat. sie ist total verzweifelt. sie ist 27 Jahre alt, ungeplant schwanger und für den freund kommt das kind überhaupt nicht in frage. er hat schon 2 kinder, die nicht bei ihm wohnen.
sie kann sich nicht damit abfinden, das kind abzutreiben. so wie sie die situation geschildert hat, sieht es aber nicht gut aus für ihre hoffnung, das kind zu behalten. der freund meint, das kind würde die beziehung stören.
sie selber sagt: die abtreibung würde sie auch auseinander bringen, weil sie nicht gleicher meinung sind.
das glaub ich, ehrlich gesagt auch, aber ich weiß gar nicht, wie ich ihr helfen könnte. es geht ziemlich steil auf einen abtreibungstermin zu, sie ist aber total hin und her gerissen. sie würde das kind so gerne behalten.
ich bin echt ratlos
marlene
hallo liebe freundin,
ich nenn dich einfach mal so, denn aus deinen zeilen ist soviel anteilnahme rauszulesen. da passt dieses wort glaub ich ganz gut. und einer frau in so einer schwierigen situation eine freundin zu sein – das ist echt super! da muss sie nicht allein sein mit ihrer hoffnung. da hat sie in dir jemanden, mit dem sie über ihr baby reden kann, wo sie ihre gefühle für das kind zulassen kann... wenn du so einfach für sie da sein kannst, ist das sicher mehr wert als jeder gut gemeinte rat.
sie wünscht sich dieses baby und ihr beide spürt, dass eine abtreibung die beziehung zu ihrem freund sehr belasten würde.
wenn du ihr helfen kannst zu ihrem herzenswunsch zu stehen, kann ihr das die kraft geben nicht aufzugeben. dazu möchte ich dir gerne ganz viel mut machen.
ich denk an euch!
liebe grüße
hanna
hallo marlene,
es sind ja schon einige tage her, dass du hier geschrieben hast. ist es hoffentlich noch nicht zu spät? was hat sich wohl in der zwischenzeit alles ereignet?
du stehst in dieser schweren zeit so hilflos an der seite deiner bekannten...
aber auch wenn du selbst keinen direkten einfluss nehmen kannst, bist du doch so eine art rückendeckung für deine bekannte...einfach weil du für sie da bist. und ihr mut machen kannst, das zu tun, was aus ihrem herzen spricht.
wen hat deine bekannte noch auf ihrer seite, der sie unterstützen kann? mit familie, eltern oder freunden, die sie bestärken, kann sie sich bestimmt leichter für ihr baby stark machen.
vielleicht kann ihr jetzt auch der gute rat einer erfahrenen beraterin helfen?
schau mal auf das kontaktangebot im infoteil hier in diesem forum.
damit kannst du ihr nun sicher auch weiterhelfen.
alles gute für dich und deine bekannte! erzähl mal wieder, wie alles weitergegangen ist, ja?
liebe grüße von jana
hallo,
auch wenn es vielleicht wirklich schon "zu spät" sein sollte, kann jede antwort auf dieses klassische problem hoffentlich nächsten forums-besucherinnen weiterhelfen. daher will ich meine eigene erfahrung an dieser stelle zu teilen versuchen.
auch ich wurde völlig unerwartet schwanger von meinem damaligen freund, mit dem ich allerdings noch nicht allzu lange zusammen war. auch er wollte das kind nicht, natürlich nicht. aber wenn man dieses wesen im eigenen bauch hat und auch vor allem durch das ständige nachdenken über eine von außen geforderte abtreibung, kommt man diesem menschlein auch immer näher. ich habe mir zeit gelassen, habe meinen ersten abtreibungstermin voller panik, der entscheidung nicht gewachsen zu sein, verschoben und den zweiten dann morgens noch abgesagt - dann war die frist vorbei. und ich war irgendwie "erlöst".
ich fühlte mich also unfähig, mich wirklich bewußt gegen das kind zu entscheiden und so hat das verrennen der zeit für mich und das kind entschieden. wenn mir dieses kind nicht "passiert" wäre, hätte ich bestimmt nie eines bekommen. ich war damals gerade 29 jahre alt geworden. heute habe ich zwei kinder.
ich kannte mich vor meinem ganz persönlichen problem schon etwas mit dem thema abtreibung aus, habe viel zum thema ethik gearbeitet und so, war aber bis dahin nie zu einem richtigen grundsatz-urteil gekommen. und das gibt es auch nicht. es ist wirklich jedes mal ein neues abwägen und eine ganz persönliche entscheidungsfindung durchzustehen, das ist klar. auch im nachhinein kann ich für mich immer nur einen recht brutal wirkenden vergleich zurate ziehen: wenn abtreibung immer noch so richtig verboten wäre - ich hätte es auf keinen fall auf illegalem wege versucht. ich hätte mich dann sozusagen diesem gesetz gebeugt und hätte mich nicht bewußt gegen das kind in meinem bauch entscheiden müssen. ich hätte mir sicher niemals selber irgendwelche gegenstände in den bauch gestoßen, um das baby loszuwerden. klingt hart, aber so ist es doch. wenn die ganz persönliche eigene not so groß ist, daß man so etwas oder vergleichbares auf sich nehmen würde, dann sollte man sich eine abtreibung auch wirklich gestatten, denke ich.
aber wenn andere menschen die werdende mutter zum tod des eigenen babys überreden wollen, läuft irgendwas schief. aber das muß einem natürlich bewußt werden. in den verstrickungen von beziehungen und wünschen und vorstellungen verheddert man sich schnell, angesichts einer so großen plötzlichen veränderung. auch diese verstrickungen muß man sich klar machen. und man muß sich klar werden, wie abhängig man von den entsprechenden menschen wirklich ist. am ende muß jeder sein eigenes leben leben. dem mann ist dann nichts aus dem körper genommen worden. jetzt hör ich mich schon an, wie so eine militante abtreibungsgegnerin. das kommt wahrscheinlich daher, daß ich es "geschafft" habe und mein leben sich MIT kind in dermaßen ungeahnt schöne bahnen begeben hat. die beziehung zum vater des kindes ist während der durch meine entscheidung erhalten gebliebenen schwangerschaft zerbrochen. anhand dieser grundlegenden meinungsverschiedenheit haben wir eigentlich zum ersten mal gemerkt, wie verschieden wir eigentlich sind. ich bin einfach viel emotionaler als er. und genau das wäre auch ein argument gegen eine abtreibung: ich habe mit großen seelischen folgen für mich rechnen müssen. ich kannte das thema depression schon vorher.
was ich immer wieder allen frauen sage, die sich nicht sicher sind, ob sie sich ein kind wünschen sollen oder ein schon empfangenes behalten sollen: man sollte sich versuchen, klar zu werden, ob man mit dem kind auch alleine "durchkommt", vor allem in sachen stärke, ausdauer, liebe usw. ich meine nicht die finanziellen dinge. bei denen hat mir z.b. die caritas unglaublich unbürokratisch geholfen, obwohl ich keinerlei kirchliche bindung habe. meine materiellen probleme zu dem zeitpunkt waren nicht unerheblich. aber die hatte ich auch ohne kind. und man wächst mit seinen aufgaben, vieles löst sich, wenn man ins kalte wasser gesprungen ist. (man denke auch an neue netzwerke, neue freundschaften durch die schwangerschaft usw.)
es kann immer etwas passieren, auch in der tollsten ehe und wenn man auch für einen solchen fall für sich sagen kann, daß man das/die kinder bei sich behalten wollen würde, wenn es sie denn gibt, dann ist die richtung doch klar.
aber leider raubt einem die panik, das eigene leben von diesem ominösen menschlein im eigenen körper total auf den kopf gestellt zu bekommen, und eventueller druck von außen und vor allem der schreckliche termindruck wirklich sehr die kraft und zeit zum genauen nachdenken.
ich würde gerne sagen, daß die (städtischen/gesundheitsamt) beratungsstellen dafür ein guter anlaufpunkt wären. aus meiner einzelnen erfahrung heraus muß ich aber sagen, daß die dame mir überhaupt nichts neues erzählen konnte, bezüglich meiner finanziellen fragen keinerlei rat hatte, geschweige denn andere adressen (eben wie z.b. die caritas) sagen konnte und daß sie mir eher zur abtreibung geraten hat, obwohl ich heulend, meinen bauch festhaltend vor ihr hockte und mir die hin- und hergerissenheit sicher anzusehen war.
nun ja, das wird jetzt zu lang. falls fragen wären, gerne und jederzeit (auch später) mehr.
marlenes freundin wünsche ich viel kraft für eine halbwegs klare entscheidungsfindung.
(bis auf gute wünsche wird eine antwort auf ein solches problem meistens in einer art grundsatzdiskussion enden, weil auch grundsätze aus einzelerfahrungen heraus destilliert werden (sollten) bzw. an einzelfällen überprüft und auch in frage gestellt werden können.)