Hallo,
Ich bin 20, im ersten Semester in der Uni, und habe gerade erfahren, dass ich schwanger bin. Mein Freund und ich sind seit über einem Jahr zusammen und haben immer mit Kondomen verhütet aber scheinbar ist da mal was schief gelaufen. Ich bin noch ganz am Anfang der Schwangerschaft und bin nicht sicher ob ich abtreiben soll. Mein Gehirn sagt mir, das es logisch ist abzutreiben, weil mein Freund das auf jeden Fall möchte und weil ich noch jung bin und ich noch nicht bereit bin mich um ein Baby zu kümmern und ich noch studieren reisen, feiern usw. möchte. Mein Freund ist 2 Jahre älter als ich und kommt aus Israel. Da ist es wohl total üblich abzutreiben und als ich ihm erzählt habe, dass ich mir nicht sicher bin ob ich das möchte war er total schockiert. Er meint er möchte es so schnell wie möglich hinter sich bringen. Jeden Tag den ich noch nicht abgetrieben habe würde er mehr und mehr traumatisiert werden. Sollte ich mich für die Schwangerschaft entscheiden würde ich ihn nie wiedersehen und er würde sein ganzes Leben unter meiner Entscheidung leiden. Er war richtig fertig . Ich liebe ihn sehr und kann es nicht ertragen ihn traurig zu sehen. Ich habe Angst um meine Beziehung und ich muss zugeben, dass ich etwas abhängig von meinem Freund bin und weiß nicht wie ich die Trennung verkraften würde.
Aber mein Bauchgefühl sagt mir, dass ich mich unendlich schlecht fühlen würde wenn ich abtreiben würde. Ich kann es mir auch einfach nicht vorstellen. Ich denke, dass ich es bereuen würde. Meine Schwester ist total gegen eine Abtreibung und meinte, dass sie mich immer unterstützen würde mit dem Kind und ich weiß auch, dass meine Freunde und Familie mich unterstützen würden.
Hat jemand vielleicht einen Rat für mich oder hat schonmal etwas ähnliches durchgemacht?
Liebe Tamara,
so aus dem Bauch heraus kann ich dir nur raten: Lass dich nciht drängen; und schon gar nciht emotional erpressen. Die Argumente, die du aus deiner Sicht für eine Abtreibung anführst, sind rein äußerlich, "Kopf". Dein Herz spricht eine andere Sprache. Es schlägt schon für das Kind, sieht da einen kleinen Menschen wachsen. Und du kannst von vielen Seiten Unterstützung erfahren ... DAS IST WICHTIG!!! Eine Entscheidung aus (scheinbarer) Liebe für deinen Freund, würde, denke ich, dir selbst das Leben schwer machen, aber auch der Liebe schaden. Wenn dein Freund dich wirklich lieb, wird er bereit sein, deine Entscheidung mitzutragen und nicht seine Entscheidung als die einzig richtige sehen. Und wenn er dich nicht so sehr liebt (und das kleine in dir), dann stimmt da vielleicht irgendetwas nicht.
Du schreibst, dass du von deinem Freund abhängig bist. In welche Richtung, wenn ich fragen darf? Vielleicht ist es auch für eure Beziehung wichtig, dass dein Freund merkt, dass du eine starke Frau bist, die bereit ist, Verantwortung zu übernehmen in ihrem Leben. Natürlich sind mit dieser Schwangerschaft viele Fragen und Sorgen verbunden ... Und darüber könnt und sollt ihr euch austauschen, vielleicht auch streiten ... Aber nicht diese emotional unter Druck setzen mit "dann gehe ich". Das erinnert mich an ein Kind im Trotzalter. Und da müsste dein Freund raus sein. ... Aber vielleicht braucht er einfach ein bisschen Zeit. Junge Männer tun sich oft schwer damit, Papa zu werden, ihre Freiheit aufzugeben, Verantwortung zu übernehmen. Gib ihm durch dein Stärke, dein Ja zu eurem Kind, den Mut, es sich vielleicht anders zu überlegen ...
Liebe Tamara, mit 20 kann man im Normalfall die Verantwortung für ein Baby übernehmen. Klar wird das mit dem studium nicht leicht ... Aber es ist möglich, haben andere auch geschafft. Vielleicht wäre es ein erster Schritt, sich ganz konkret nach Hilfsmöglichkeiten zu erkundigen (damit man weiß, wovon man redet und nicht einfach so in die Luft hinein überlegt - Gibt es eine KInderbetreung an der Uni? Tagesmutter? Welche finanzielle Hilfe würde dir zustehen?). Und es ist echt ein großes Plus auf der Pro-Kind-Seite, was du von deiner Schwester, deiner Familie, deinen Freunden schreibst. Das ist längst nciht bei jeder jungen Frau so, die ein Kind erwartet.
Liebe Tamara, ich hoffe, du kannst heute Nacht schlafen. Das hilft, sich auch emotional so ein bisschen zu erholen, damit man wieder etwas klarer denken kann. Weißt du, mir kommt immer mehr: Wenn dein Freund dich so unter Druck setzt ... dann scheint er deiner Liebe nicht wert zu sein. Aber wie geschrieben: Vielleicht ist er auch einfach nur mehr als verunsichert und sieht die Abtreibung als einfachsten Weg, das "Problem" aus der welt zu schaffen. Er ist als Mann nicht so nah dran an dem neuen Leben wie du als Frau, darum kann er das wahrscheinlich rein rational angehen ... (Aber der Mensch ist immer Kopf und Herz; was man deutlich bei dir sieht) Und rationale Entscheidungen sind nciht immer die richtige, das herz kennt Gründe, von denen der Kopf nichts versteht. Vielleicht kannst du deinem Freund in einem Brief oder .... schreiben, was dieser kleine Zwerg in dir dir schon bedeutet, wie du denkst, was du dir wünschst ... Vielleicht ist er dann eher bereit, mit dir zu sprechen, dir zu zu hören ...
So, das waren meine Gedanken. Nun ist die Zeit rum. Vielleicht kannst du ja etwas damit anfangen.
Vici
an einem Punkt muß ich Deinem Freund widersprechen. Nicht die Schnellheit einer Entscheidung ist wichtig. Sondern es ist wichtig, dass Du eine Entscheidung treffen kannst, hinter der Du in Deiner ganzen Persönlichkeit Dein weiteres Leben stehen kannst. Häufig wissen Männer nicht was sie da von ihrer Frau verlangen. Sie denken ein Eingriff und alles ist beim Alten. Aber sie übersehen die Tatsache, dass Mutter und Ungeborenes bereits eine tiefe Einheit sind. Und es für Dich zu einer Verlusterfahrung werden kann, die Dich über Jahre hinweg körperlich und psychisch belasten kann. Und darum kann es auch nicht darum gehen, was Du tun sollst, sondern um Dich.
Könntest Du es ihm denn jemals verzeihen, dass er Dich um dieses Kind gebracht hat?
Ich finde es klasse, dass Deine Schwester, deine Familie und Deine Freunde Dich und Deine Bedürfnisse im Blick haben.
VLG Tupptip
Hallo Tamara,
jetzt hat Deine Zwillingsschwester ja den Zusammenhang aufgedeckt. Ich habe eben in dem anderen Thread gelesen.
Ist Dir das so recht? Wessen Idee war es zuerst, hier zu schreiben? Es ist wirklich etwas Besonderes - so eine Zwillingsschwesternschaft. (Ich hatte mir das immer gewünscht oder vorgestellt - mein Vater hat einen Zwillingsbruder und es gab immer die schönen Verwechslungsgeschichten.)
Mich interessiert jetzt aber mehr Dein Freund - und Dich wohl auch. Bzw. gibt er Dir Rätsel auf.
Wie kommt er zu dieser Haltung? Ich meine, dass er von jedem Tag mehr "traumatisiert" wird. Das ist ja schon eine starke Aussage. Und wirkt ein bisschen unverhältnismäßig.
Also: Dass das eine oder andere nicht möglich sein könnte, wenn Du das Kind bekommst (wobei man selbst da jeweils gucken müsste), das ist unmittelbar nachzuvollziehen. Aber aus dem Wort "traumatisiert" spricht ja eine Riesenangst. Kann er das noch anders in Worte fassen? Ein paar kleinere Ängste benennen, die ihm dieses große Gefühl machen, das ihn ganz blockiert?
Und spürt er, was es für Dich heißt? Hat Dein Gefühl für ihn auch eine Bedeutung?
Ist es im Moment ein Tauziehen: Wessen Gefühle gelten mehr?
Darauf baut ja eine Beziehung nicht auf.
Ein Kind ist etwas, was Eure Liebe bestärkt, sichtbar macht. Kann er das auch irgendwie sehen, denken, fühlen? Dass sich in dem Kind Eure gegenseitige Liebe ausdrückt?
Oder macht ihm das gerade die Enge und er sieht sich an Dich in einer Weise gebunden, wie er es noch nicht wollte? Was natürlich wiederum für Dich sehr traurig wäre.
Jetzt ginge es darum, dass Ihr jeweils sehr sorgfältig auf Euch selbst und aufeinander achtet und über das sprecht, was ihr empfindet. Ich hoffe, das gelingt Euch!
Wenn einer von Euch ein Gefühl äußert - kann es nämlich sein, dass sich der andere gleich sehr bedrängt davon fühlt. Versucht dann, es einfach mal so zu hören, wie es der andere sagt und nicht gleich heftig zu reagieren.
Ihr spürt dann, was Euch verbindet und wo jeder von Euch beiden doch ein ganz eigener und eigenständiger Mensch ist. Und beides gehört ja zu einer guten Beziehung: Nähe und Distanz. Zu zweit sein und auch allein sein.
Vielleicht fällt Dir das eine schwerer als das andere - oder ihm. Auf jeden Fall lernt Ihr Euch tiefer kennen und Eure Beziehung wächst.
Er kann erleben, dass Du ihn liebst und sein Leben gut wird, selbst wenn Du das Kind bekommst. Das wäre für ihn und sein Leben doch ein großer Gewinn, denn die Angst könnte ihn nicht mehr so bestimmen. Das braucht Behutsamkeit. Aber Du musst ihm jetzt nicht nachgeben. Sind das Gedanken, die Dir weiterhelfen?
Ich wünsche Dir, dass es kreativ weitergeht! Mit Deinem Studium, Deinen Plänen, Deiner Sister und Familie - und Deinem Freund aus einem ganz anderen Land!! Ich stelle mir - wie Deine Zwillingsgeschichte - auch diese Geschichte besonders und spannend und reich vor!
Liebe Grüße von Layla
Hallo liebe Tamara,
wie geht es Dir ? Habe ich Dich ein bisschen mit Worten "überhäuft"?
Vielleicht magst Du erzählen, was die Tage so war. Jetzt liegen die Feiertage vor Euch. Da seid Ihr wohl auch mehr zusammen und habt gemeinsam Zeit. Geht es Deinem Freund ein bisschen besser oder kann er gar keine Gelassenheit zulassen?
Ich würde mich freuen, wieder von Dir zu hören!
Guten Abend erstmal und dann - gute freie Tage!
Liebe Grüße von Layla