Vor ca. 10 Jahren habe ich mich für eine Abtreibung entschieden. Schon damals wollte ich Mutter werden, aber "irgendwann, bloß nicht jetzt." Ich war damals in meiner ersten Beziehung, mit einem Mann mit dem es zwar sehr schön war, aber bei dem mir auch klar war, dass ich keine Familie mit ihm zusammen gründen werde - ich wäre also mehr oder weniger allein gewesen mit dem Kind und das während des Studiums.
Ich habe ihm damals nicht mal von der Schwangerschaft erzählt, sondern mich an meine, dankenswerterweise sehr liebevolle Mutter gewandt, die mich voll unterstützt hat, ganz egal wie ich mich entschieden hätte. Dem "Vater" habe ich erst ca. 1 Monat nach der Abtreibung etwas gesagt und er hat sehr verständnisvoll aber auch verwundert reagiert, da er mich gerne dabei unterstützt hätte. Er hat seine Verantwortung da weit mehr angenommen als ich, ich sah die "Schuld" nur bei mir.
Wir haben uns, wie erwartet, ein paar Monate nach der Abtreibung langsam auseinandergelebt und getrennt, aber die Gedanken des was-wäre-wenn haben mich seit dem immer wieder verfolgt.
Ich habe damals eine Kopfentscheidung getroffen, da mein Herz das alles auch noch nicht wirklich begriffen hatte - die Schwangerschaft nicht und somit auch die Abtreibung nicht. Das kam erst mit der Zeit und brauchte viel Zeit. Ich vermisse dieses unbekannte Kind jetzt noch! Da ist ein Loch, wo eigentlich Liebe sein sollte.
Inzwischen habe ich einen tollen Mann gefunden und jetzt bin ich gewünscht schwanger und ganz langsam heilt die Wunde, die ich mir damals geschlagen habe.
Gerade zu Beginn, als wir geplant haben ein Kind zu bekommen, habe ich mir jedes Mal, wenn es nicht geklappt hat, (irrationale) Vorwürfe gemacht, dass ich vielleicht meine einzige Chance auf ein Kind vertan hatte. Ich hatte Angst, dass das Universum (oder welche Macht auch immer) mich jetzt dafür straft, dass ich damals "nein" zu dem Kind gesagt habe...
Und auch die ersten Wochen waren die reine Achterbahnfahrt: was ist, wenn jetzt etwas passiert, wenn ich es diesmal ungewollt verliere und keine neue Chance bekomme...
Das hat sich inzwischen gelegt, da die Schwangerschaft gefestigt ist, aber manche Gedanken haben sich hartnäckig gehalten. Werde ich diesen unwissenden neuen Erdbewohner mit irgendwelchem (emotionalen, psychischen...) Kram belasten, wegen meiner Abtreibung? Werde ich, wenn ich das kleine sehe immer das andere im Hinterkopf haben und mir ständig weiter die was-wäre-wenn-Fragen stellen? ... Und ich vermisse das Kind von damals immernoch. Ich will auch nicht, dass das neue Kind die Leere füllt, es soll kein Ersatz sein, es soll sein ganz eigenes Leben haben und das wird es auch. Und ja, mein Kopf sagt mir, dass die Leere, die die Abtreibung hinterlassen hat, sich nie füllen wird, aber sie wird (hoffentlich) weiter an Bedeutung verlieren und verblassen neben der neuen Liebe die mich erfüllt für meinen Mann und für das Kleine in mir und wer weiß irgendwann vielleicht auch noch ein Geschwisterchen...
Du Liebe, aus deinen Worten spricht ganz viel Liebe und Fürsorge für dein Kleines inside 💖 Wie schön, dass du wieder Mut hattest und jetzt in der neuen Beziehung schwanger geworden bist. Und wie gut, dass du die ersten kritischen Wochen gut überstanden hast. In welcher Schwangerschaftswoche bist du jetzt?
Was du über deine Zeit nach der Abtreibung damals schreibst – mit diesem Erleben bist du nicht alleine. Im Netz findet man reichlich solche Berichte von Frauen. Es tut mir leid, dass du damals keinen anderen Weg für dich sehen konntest. Du hast es dir sicher nicht leicht gemacht.
Ist es jetzt das erste Mal, dass du niederschreibst oder aussprichst, was du fühlst und denkst? Es ist sicher wichtig für dich und deine Wunde kann mit der Zeit weiter heilen. Deine Worte hier könntest du in einem Brief an deine erstes Kind schreiben. Das berichten andere betroffene Frauen als heilsam.
Vielleicht wäre es auch hilfreich für dich, zu lesen und zu hören, wie andere Frauen das Geschehene verarbeiten. Es gibt gute Seiten dazu und auch Beratung. Eine davon heißt Deborah e.V.. Gesundheit nach Abbruch steht gleich zu Beginn da. Wiedererlangung der körperlichen und seelischen Gesundheit nach Schwangerschaftsabbruch. Das ist so hoffnungsvoll 💖
Wenn du gerne liest – eine Freundin hat mir vom einem Buch von Karin Lamplmair erzählt: Ich nannte sie Nadine. Sie erzählt darin von ihrem eigenen Weg nach der Abtreibung zurück ins Leben.
Sei herzlich gegrüßt von Sanne!