Hallo,
mein Name ist Anni, ich bin 25 Jahre alt und komme aus Berlin.
Ich habe Mitte Dezember 2017 erfahren das ich schwanger bin. Damals war ich in der 5. SSW
Es waren von Anfang an sehr gemischte Gefühle, denn beruflich war ich durch meine Selbstständigkeit so sehr eingebunden und das Verhältnis zu meinem Partner war durch die getrennte Räumlichkeit aufgrund seiner deutschlandweiten Arbeit und einem Kind aus erster Beziehung sehr schwierig unter einen Hut zu bekommen, da wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht zusammen gelebt haben.
Ich hatte dann 3 Wochen Zeit mir Gedanken zu machen ob ich das Kind austragen werde oder ob ich mich für eine Abtreibung entscheiden werde.
Ich hatte immer das Bauchgefühl (vor der Schwangerschaft) das ich niemals eine Abtreibung überstehen würde da ich mir Kinder wünsche seit ich denken kann.
Meiner Frauenärztin teilte ich bei der ersten Untersuchung sofort mit das ich überlege das Kind nicht zu bekommen.
Als die 3 Wochen um waren hatten wir den 04.01.2018, mein Partner begleitete mich zur Untersuchung und ich wollte noch einmal eine Ultraschall Untersuchung machen um zu sehen ob alles gut ist und das Embryo gewachsen ist.
Was ich dann sah machte mich so glücklich. Es waren Zwillinge. Vermutlich Eineiig da bei der ersten Untersuchung nur eine etwas grösere Fruchthöhle zu sehen war. Es könnte also sein das sich die Eier sehr schnell getrennt haben und dann getrennt wachse/entstehen konnten.
Ich lächelte und es war für mich ein Wunder, ein wunder das ich mir immer gewünscht habe. Zwillinge,ich bekomme Zwillinge.
Mein Partner allerdings wurde in eine komplette Schock Starre versetzt, die ich auch nachvollziehen kann.
Er hatte so große Angst und wusste nicht wir das meistern sollen.
Sein Sohn (7 Jahre) lebt 350km entfernt von uns, unsere Wohnung hätte nicht mehr gereicht für 2 Säuglinge und seinen Sohn an den Wochenenden.
Sein Montage-Job hätte er aufgeben müssen und gleichzeitig aber auch einen neuen Job finden.
Und meinen Job hätte ich ab sofort nicht mehr ausüben können.
Demnach stand seine Entscheidung fest.
12 Tage später sind wir dann wieder zum Arzt und wir waren beide sicher das wir uns gegen unsere babys entscheiden müssen.
Ich hatte mittlerweile aber schon Muttergefühle und liebe zu meiner kleinen Erbse und meiner Motte entwickelt sodass ich es nur aus der Vernuft heraus entschieden hätte aber ohne Herz.
Ich sagte meiner Frauenärztin dann, das ich mich für eine Abtreibung entschieden habe.
Als hätte das Schicksal es so gewollt, bestand sie darauf mich nochmal zu untersuchen da auch machmal noch was passieren kann, ich war ja schließlich "erst" in Woche 10.
Und als sie schaute sah sie einen gesunden Embryo und leider einer kürzlich verstorbenen ohne Herzschalg
Das war ein großer Schock für mich auch wenn ich sie beide nicht bekommen konnte
Aber ich machte mir vorwürfe ob ich bereits zu viel Stress für meine Babys hatte.
Mein Partner wartete an diesem Tag im Auto und als ich ihm weinend davon erzählte machte er sich ebenfalls große Vorwürfe
Nun war alles wieder anders. Es ging wieder nur um ein Kind.
Können wir dieses so großziehen das es glücklich ist, können wir ihm so viel liebe geben wie einem wirklichen Wunschkind? Ich hatte Angst meinen Partner zu verlieren, unsere Beziehung die wir uns gerade aufbauten, ...
Wir wollen Kinder und wir haben gesagt das wir es gerne in 1-2 Jahren geplant hätten und das ich dann freudestrahlend mit ihm zusammen einen Schwangerschaftstest in der Hand halten kann aber dieses mal stand nichts unter einem guten Stern.
Wir sprachen sehr wenig in dieser Zeit über das Kind.
Ich hatte immer nur im Kopf das ich ein "totes" in mir trage. das machte mir zu schaffen.
Ich erkundigte mich sehr viel über Schwangerschaftsabbrüche und fand auch eher abschreckende Seiten....
Aber ich hatte diese Entscheidung für mich getroffen.
Ich kann den einen Zwilling nicht zur Welt bringen, nicht jetzt auch wenn es mir sehr weh tut.
Am 26.01.2018 war dann der OP Termin und mir war sehr mulmig, aber ich weiß das es die richtige Entscheidung war und ich habe meine Lebensfreude wieder gewonnen und dazu meine Energie und Fröhlichkeit.
Ich sitze oft zu hause alleine und schau mir die Ultraschall Bilder an und lese in meinem Buch das ich mit Beginn der Schwangerschaft begonnen habe zu schreiben. Ich wollte meine Gefühle als Erinnerung aufschreiben.
Es war meine erste Schwangerschaft und ich hätte Zwillinge bekommen können.
Das ist mir bewusst aber eines Tages werde ich dieses Gefühl mit ganzer Freude in mir tragen und gesunde Kinder zur Welt bringen.
Die Abtreibung an sich war unkompliziert.
Mein OP Termin war auch 10.40 angesetzt, durch voriege Verzögerungen wurde ich dann erst um 11.50 Uhr in den OP gebracht. Um 12.30 Uhr bin ich wieder im Aufwachraum aufgewacht und alles war vorbei.
ALles was mir blieb waren leichte Schmerzen bzw ein Ziehen im Unterleib und Blutungen sowie dieses leere Gefühl in meinem Bauch. Die beiden Zwerge haben sich nämlich ganz schön breit gemacht und mir immer auf den Magen gedrückt, vermutlich die Fruchtblasen?!
Ich habe auch heute 8 Tage nach dem Eingriff noch Blutungen, unregelmäßig und mal doller und mal weniger.
In 5 Tagen gehe ich zur Nachuntersuchung bei meiner Ärztin.
Eure Anni
Es hilft mir sehr alles aufzuschreiben und ich würde mich auch sehr gerne mit anderen Frauen austauschen die eine Abtreibung hinter sich haben
Ich entschuldige mich für Tipp-Fehler aber ich möchte meinen Text nicht nochmal überlesen
Liebe Anni,
was Du in den letzten Wochen erlebt hast und hier erzählst, geht mir sehr nah. Ich kann mir gut vorstellen, dass Du es unbedingt einmal alles aufschreiben wolltest. Und ich hoffe, dass es Dir gutgetan hat. Du musst es nicht nochmal lesen. Vielleicht zu einer anderen Zeit. Aber alles, was Du erlebt, durchlebt hast, hat jetzt einen Platz. So war es für Dich. Und mit Deinen Worten hast Du Dir eine Sicherheit gegeben, falls Du Einzelheiten vergessen solltest.
Es waren ja wirklich Wechselbäder - Dein kleines Glück, trotz der großen Sorgen. Dann Dein größeres Glück, als es sogar zwei waren. Dann die neue Situation mit "wieder nur eins" (wofür Du Dir wirklich keine Vorwürfe machen musst!)- Du dachstest dann: vielleicht doch wieder eine Möglichkeit? Aber dann war doch die Kraft- und Aussichtslosigkeit von Euch beiden groß. Das Gefühl, die Situation nicht bewältigen zu können.
Liebe Anni, Deine Liebe, Deine verzweifelte Liebe könnte man sagen, spürt man in allem durch. Und ich ich hoffe und wünsche sehr, dass Du sie eines Tages Deinem, Eurem Kind schenken kannst. Und dass Du Deine Liebe, auch zu diesen beiden in Deinem Herzen bewahren kannst.
Sei lieb umarmt und alles Gute für Dich und Euch zusammen!
Layla
Liebe Layla,
ich danke dir für diese tollen Worte. Sie sind wunderschön und geben mir viel Kraft. Ich bin mir sicher das mir das aufschreiben und auch darüber reden mit meinen engsten Freunden sehr hilft in dieser Zeit.
Auch mein Partner der in meinem Buch lesen durfte wie ich über unsere kleine Erbse geschrieben habe, kann nun meine Gefühle besser nachvollziehen.
Deine Worte sind Gold für mich, denn du kannst es aus einer neutralen Perspektive betrachten und hast meine Gefühle die ich beschrieben habe, so verstanden wie ich sie vermitteln wollte.
Vielen Dank.
Ich bin mir sicher das ich meinem späteren Kind/Kinder vie Liebe schenken kann ohne dabei unsere zwei kleinen Engel zu vergessen. Sie gehören zu uns, auch wenn wir sie nie kennen lernen konnten.
Liebe Grüße Anni