Hallo meine Lieben,
ich lese nun schon länger in diesem Forum und heute musste ich einfach mal meine Gedanken niederschreiben, weil ich einfach das Gefühl habe, dass hier viele verständnissvolle Frauen (und Männer?) sind, die sich sehr gut in Personen reinfinden können.
Ich bin diesen September ungewollt schwanger geworden. Ich war erst richtig geschockt, was würde mein Freund dazu sagen? Er war zu diesem Zeitpunkt geschäftlich unterwegs an einem Wochenende.
Als er mich dann am Samstag Abend angerufen hat um zu fragen, wie es mir geht, konnte ich meine Tränen nicht mehr zurückhalten und habe ihm gesagt, dass ich schwanger sei.
(Der Plan war eigentlich, dass ich es ihm erst am Montag sage, damit er quasi noch ein "Schwanger-freies-WE" hat).
Naja. Er war auch geschockt und hat morgens dann den frühesten Zug genommen, den er kriegen konnte.
Jetzt war er also auch eingeweiht und begeistert war er überhaupt nicht.
Ich dagegen war hin und her gerissen. Einerseits war ich todtraurig und wollte die Schwangerschaft nicht. Wahrscheinlich auch deshalb, weil mir die Schwangerschafts-Übelkeit zu schaffen gemacht hat. Mir war morgens und abends richtig übel und ich habe die meiste Zeit immer nur geschlafen.
Er fragte mich dann irgendwann, was wir machen wollen, sprich Schwangerschaftsabbruch oder nicht.
Da musste ich echt schlucken. Ich konnte mir bis dato einen Abbruch niemals vorstellen.
(Memo an mich: niemals nach Abtreibung und Bilder googlen).
Aber ich konnte es mir auch nicht vorstellen ein Kind auf die Welt zu bringen. (Ich hasse alles was mit Krankenhaus zu tun hat. Selbst bei kleinen Spritzen bekomme ich ne Panikattacke, und dann gleich eine "blutige" Geburt?)
Frauenärzte Termine standen auch bald an. Als ich das "Pünktchen" gesehen habe, hab ich jetzt nicht sofort gedacht "Oh mein Gott. Ich bin verliebt", aber es hat mich auch nicht völlig kalt gelassen.
Mein Freund, meine Geschwister und meine Arbeitskollegin (die eine gute Freundin für mich geworden ist) meinten alle zu mir, dass es wohl besser wäre einen Abbruch vorzuziehen. Im Grunde hatten sie nicht ganz unrecht.
Wir haben "nur" eine 2,5 Zimmer Wohnung. Viele schreien sicher jetzt "Das reicht doch!", aber sowohl mein Freund als auch ich brauchen unser eigenes Reich. Er hat sein Arbeitszimmer und ich hab mein Arbeitsbereich im Schlafzimmer.
Wir sind zudem beide Selbstständig und haben wirklich viel Arbeit im Jahr. Eine größere Wohnung ab 4 Zimmer aufwärts ist zudem teuer und finde mal in der Großstadt schnell eine Traumwohnung.
Und dann auch noch ein Baby, was uns nächtelang die Ohren vorheult?
Da mein Freund eh nicht der Kinder-Fan ist, war seine Entscheidung mehr oder weniger klar.
Er hat mir zwar die Entscheidung gelassen, aber ich wusste, wenn ich mich fürs Kind entscheiden sollte, würde er zwar bei mir bleiben, aber würde mir das immer vorwerfen, wenn es mit dem Kind Probleme geben sollte á la "Du wolltest es ja".
(Wir sind übrigens seit 10 Jahren zusammen!)
Ich habe wirklich lange überlegt. Ich war in der 5 SSW als ich es erfuhr. In der 11 SSW hatte ich den Abbruch.
Vor dem Abbruch Termin hatte ich wahnsinnige Angst.
Ich habe vor dem Gebäude geheult und neigte zum hyperventilieren.
Ich habe mich für die operative Methode entschieden.
Zum Zeitpunkt des Abbruches hat auch schon das Herz geschlagen. Wenn ich daran denke, könnte ich heulen.
Geheult habe ich übrigens auch direkt nach dem Eingriff. Wobei der Eingriff selber schmerzlos und sehr einfühlsam war. Klingt makaber, aber einen besseren Eingriff hätte ich mir nicht vorstellen können.
Mein Freund hat mich hingebracht, gewartet und abgeholt. Die nächsten Tage musste ich viel weinen.
Mittlerweile weiß ich nicht mehr, ob die Entscheidung die Richtige war. Ich glaube, dass ich es bereue, aber ich kann es auch nicht mehr wiedergutmachen.
Ich bin immer noch "Schwanger". Heute habe ich wieder einen SS Test gemacht um zu sehen, ob noch HCG im Blut ist.
Ja, ist es. Das macht mich irgendwie fertig. Es ist nun ca. 3,5 Wochen her.
Und ich frage mich, was ich nun tun soll. Ich verspühre einen immensen Kinderwunsch. Ich wäre gerne wieder schwanger (bzw. würde ich lieber die Zeit zurückdrehen).
Aber mein Freund möchte nicht. Eventuell auch generell nicht, er drückt sich da nicht so deutlich aus.
Ich bin 28 Jahre und die biologische Uhr tickt. Ich werde traurig, wenn ich Schwangere sehe, oder Babys. Oder am Kindergarten vorbeigehe. Auch jetzt kommen mir einwenig die Tränen
Was mach ich nur? Möchte ich unbedingt schwanger sein, weil ich diesen Verlust habe bzw. bereue?
Oder ist dieser Wunsch normal?
Tut mir sehr leid für den Wall of Text. Es hat mich irgendwie überkommen.
Ganz liebe Grüße in die Runde!
Hallo Miepchen!
Wie gut dass es dich überkommen hat! Danke für deinen so ehrlichen Beitrag!!
Und alle Achtung, dass du diesem, deinem!, Gefühl diesmal freien Lauf lassen konntest!
Denn in den letzten Wochen ist dir das nicht immer leichtgefallen. Des öfteren hast du deine Gefühle für dich behalten oder zumindest hintenan gestellt.
Und jetzt überrollen sie dich zeitweise - und überraschen dich. Beispielsweise mit einem Kinderwunsch, den du jetzt wahrnehmen kannst. Trotz aller äußeren Umstände, die – eigentlich – immer noch eher gegen ein Kind sprächen. Dennoch würdest du heute vermutlich anders entscheiden wollen, so ahnst du.
So wie deine Gedanken noch ganz mit dem Thema beschäftigt sind, so hat auch dein Körper noch nicht wieder auf „Null“ gestellt. Dein Körper braucht Zeit. Und erst recht deine Emotionen mitsamt deiner Seele, die ohnehin nicht mehr in die Ausgangsposition zurückfinden wird. Auch wenn du gern die Zeit zurückdrehen würdest.
Das alles macht es dir nun so schwer.
Schwer ums Herz, dessen Stimme du erst jetzt so richtig wahrnehmen kannst.
Ganz ehrlich: Inmitten der arbeitsreichen Welt zweier Selbständiger ist im oft überstundenreichen Alltag sicherlich nicht so viel Raum für die Stimme des Herzens.
So stelle ich es mir zumindest vor, hm?
Indem du nun weinst und deine Trauer betrachtest, machst du es Träne für Träne wieder gut.
Du bereust, so ahnst du. Am liebsten würde ich dich an dieser Stelle einmal lieb in den Arm nehmen .
In deinen Tränen liegt so alles drinnen...
Heute morgen habe ich einen Spruch gelesen, den will ich dir gern mitgeben:
„Es ist egal, was wir im Leben schon alles hinter uns gebracht haben.
Denn es gibt uns die Zuversicht und die Weisheit, das anzugehen, was vor uns liegt.“
Ich will damit nicht sagen, dass es dir egal sein müsste, was passiert ist.
Doch ich möchte dir die Hoffnung zusprechen, dass du von heute an, mit all deinen Erkenntnissen, deine Zukunft für dich passend angehen kannst.
Mit aller Zeit zum Trauern und Verarbeiten. Das darf nun sein.
Mit einem stillen Gruß,
Delphinnase