Endlich habe ich ein Forum gefunden, wo aktuelle Beiträge zu finden sind und keine, die schon 10 Jahre alt sind. Ich habe zwar ein paar vertraute Menschen (Freunde und Familie) mit denen ich reden kann, aber keiner davon war mal in so einer Situation wie ich und kann mir wirklich helfen. Deshalb bin ich froh, hier gelandet zu sein und hoffe, dass mich keiner verurteilt oder beschimpft, denn es geht mir eh schon schlecht genug!
Ich bin gerade 33 Jahre alt geworden und habe 2 wundervolle Jungs (fast 6 und fast 3 Jahre alt). Vor meinem 2. Sohn hatte ich eine Fehlgeburt, woran ich wirklich sehr gelitten habe. Am 1.2.19 habe ich einen Schwangerschaftstest gemacht, der positiv war. Es war ein riesen Schock! Mein erster Gedanke war sofort: ich kann das Kind nicht bekommen! Mein Mann und ich hatten beschlossen, dass wir (erst mal?!?!) kein weiteres Kind bekommen. Wir haben immer mit Kondom verhütet, was scheinbar eine schlechte Idee war! Es ist trotzdem passiert! Ich war am Boden zerstört, mein Mann war auch geschockt, aber er meinte, wir schaffen das - irgendwie. Mir ging es aber von Tag zu Tag schlechter und ich habe mich wie in einem fremden Körper gefühlt! Ich war immer gerne schwanger, aber jetzt war es einfach das grausamste Gefühl was es gibt. Ich habe mit sämtlichen Leuten gesprochen in den letzten 6 Wochen: mit meiner Frauenärztin, mit der Beratungsstelle Profamila, mehrfach mit einer Psychologin, mit Freunden und Familie. In den ganzen Wochen gab es nur 2 Tage, wo ich kurz gedacht habe: ja wir schaffen das irgendwie. Aber am nächsten Tag war das alles wieder weg und ich habe mich wieder schrecklich gefühlt mit dem Gedanken, es zu bekommen. Der errechnete Geburtstermin wäre genau zur Einschulung von unserem großen Sohn gewesen. Er ist sowieso die letzten 3 Jahre zu kurz gekommen, weil unser 2. Sohn geboren wurde, der große war ziemlich eifersüchtig und unser Verhältnis fängt gerade erst wieder an, wieder so zu werden wie es mal war. Der kleine kommt jetzt in den Kindergarten und ich fange meine Teilzeitstelle an. Mein Mann ist sehr oft auf Montage (das ganze Jahr über immer mal wieder für mehrere Tage und auch Wochen). Dann auch nicht nur „um die Ecke“, sondern in Südafrika, USA, kreuz und quer in Europa. Ich bin also viel alleine mit den Kindern, Haushalt, Arbeit... Klar, der finanzielle Punkt spielt natürlich auch noch eine Rolle. Könnten wir uns 3 Kinder finanziell leisten?!? Mein Mann sagt, irgendwie geht das bestimmt. Irgendwie! Ich hatte einfach nur Angst und Panik. Angst, dann bald mit 3 Kindern alleine zu sein und das alles managen usw. Ich habe pro und contra Listen gemacht und wirklich 1000x hin und her überlegt! Es hat mir das Herz zerrissen! Ich hatte letzte Woche Dienstag das Vorgespräch für den Schwangerschaftsabbruch. Freitag war der Eingriff. Von Dienstag bis Freitag habe ich fast nur durchgeheult. Ich habe noch mal alles versucht, dass irgendwelche Gefühle für das Kind kommen: habe mir Babyfotos und Videos von meinen Kindern angeschaut, in Läden bei Babykleidung und Umstandsmode (was ich immer so gerne gemacht habe!) geschaut. Es hat nichts geholfen, ich habe mich einfach nur schrecklich und irgendwie leer gefühlt. Ich habe dem Kind in meinem Bauch einen Abschiedsbrief geschrieben und mich gefragt, ob es wohl das Mädchen ist, was ich mir immer gewünscht habe.
Der Freitag kam und mein Mann und ich sind zu der Praxis gefahren. Auch da habe ich nur geweint und wäre am liebsten rausgerannt. Ich habe auf die Worte von meinem Mann gewartet: sollen wir gehen? Aber die Worte kamen nicht! Er hat gesagt, es ist die richtige Entscheidung. Wir möchten für unsere BEIDEN Kinder da sein, dem großen einen guten Schulstart ermöglichen und nicht, dass wieder eins der Kinder zu kurz kommt. Ich möchte nicht noch mehr gestresst sein, wenn mein Mann auf Montage ist. Ich möchte meinen Kindern eine gute Mutter sein! Das Narkosegespräch folgte und dann kam die Ärztin. Ich habe geweint und sie hat mich in den Arm genommen! Sie hat gesagt, dass ich mich FÜR meine beiden Kinder entscheide und nicht gegen das Kind in meinem Bauch. Sie hat selber 2 Kinder und hat mit mir gelitten. Sie sagte, ich tue das richtige. Ich schlief ein und habe gehofft, dass ich nie mehr aufwache. Es war einfach nur schrecklich. Ich habe einfach mein Baby weggemacht! Mein kleines, nicht mal 1 cm großes Baby (ich weiß, es war noch kein Baby). Ich fühlte mich grausam, aber irgendwie auch erleichtert. Erst. Seit gestern bin ich wieder nur am weinen. Meine ganze Lebensfreude ist seit dem positiven Test weg! Ich denke immer wieder daran: was wäre, wenn wir es behalten hätten? Hätte ich mich dann auch so gefühlt? Hätte ich dann auch ein schlechtes Gewissen bzw Gefühl- nur andersrum, dass ich es vielleicht nicht weggemacht habe?! Vielleicht finde ich hier ja jemandem, dem es ähnlich geht, der das gleiche durchmacht wie ich. Und jemande der mir sagen kann, ob dieses Gefühl bald aufhört...
Du liebe Mama von zwei Jungs und deinem unbekannten Kleinen,
es tut mir sehr sehr leid, dass in den Tagen der Unsicherheit für dich kein Lichtblick und kein stärkender Gedanke da war. Und auch niemand, der gesagt hat: Deine Tränen sagen alles. - Es muss also einen anderen Weg geben.
Der viele Druck .. von innen und von außen und dann wieder von innen ... alles gut machen wollen als Mama ... (
Das tut so weh, wenn man das Wichtigste für das Wichtigste aufgibt. So ähnlich muss es sich für dich anfühlen.
Dein Gefühl wird sich immer wieder ändern. Ich würde dir raten, dich an jemand zu wenden, der - vielleicht aus eigener Erfahrung - dich versteht und dir jetzt weiterhelfen kann.
Sei lieb umarmt!
Layla
Hallo, liebe Layla!
Vielen Dank für deine Worte! Das hast du genau richtig geschrieben: ich habe das wichtigste für das wichtigste aufgegeben. Jetzt weiß ich, dass es falsch war. Aber wahrscheinlich hätte ich, wenn ich das Kind behalten hätte, genauso gedacht, dass auch das dann „falsch“ war. Ich hatte Angst davor, dass ich dieses Kind niemals lieben. Oder wenn es irgendwann mal „Mist“ gebaut hätte, dass ich dann gedacht hätte: ich wollte dich doch nie! Das wäre schrecklich für das Kind, schrecklich für mich und für alle anderen. Das schlimmste ist, dass ich mich jetzt danach sehne, irgendwann mal ein 3. Kind zu bekommen. Das finde ich das allerschlimmste! Erst mache ich es weg und jetzt sehne ich mich auf einmal danach. Ich stelle mir vor wie es wäre, wenn meine beiden Jungs etwas älter sind, ich sehe, wie es in der Schule läuft (und wenn es dann gut läuft), alles etwas entspannter wird, weil die Kinder ja auch immer selbstständiger werden, was dann wäre, wenn noch ein drittes Kind da wäre. Oder ist das jetzt einfach nur mein schlechtes Gewissen und die Reue, die ich da fühle? Ich weiß es nicht. Mir schwirrt einfach nur den ganzen Tag im Kopf rum: es tut mir leid! Und könnte ich doch die Uhr um eine Woche zurück drehen. Jedesmal wenn ich über etwas lache, habe ich danach ein schlechtes Gewissen, weil ich finde, glücklich sein steht mir nicht mehr zu, weil ich so was getan habe....
Hallo!
Als ich deinem Beitrag gelesen habe, kamen alle Erinnerungen und Gefühle wieder hoch. Ich hatte vor fast drei Wochen den Abbruch. Es wäre unser viertes Kind gewesen. Im nachhinein tut es mir unendlich Leid das ich das getan habe. Mein Mann war absolut gegen das Kind. Dieser Druck sich dafür oder dagegen entscheiden zu müssen ist unerträglich. Ich wusste nachher auch gar nicht mehr was richtig und was falsch ist. Und jetzt muss man damit irgendwie Leben. Für die Kinder die man hat und für dich.
Den Schmerz kann dir keiner nehmen.
Ich habe dem Kind auch einen Brief geschrieben, mich verabschiedet und eine kleine Gedenkstätte im Garten hergerichtet. Ich habe meinem toten Kind einen Namen gegeben. Auch wenn es noch Klein war und ohne mich nicht existieren konnte, so ist es doch jemand gewesen.
Vielleicht hilft es dir, dich mit jemanden zu unterhalten darüber. Egal ob diese Person dasselbe erlebt hat oder nicht. Aber du weißt bestimmt, dass du es nicht unterdrücken darfst. Die Schuldgefühle die du hast, kannst nur du dir nehmen. Du musst lernen dir zu verzeihen.
Viele liebe Grüße!!!