Hallo zusammen!
Ich möchte nun auch gerne meine Erfahrung teilen, da ich vor meiner Abtreibung natürlich auch super viel „recherchiert“ und mir den Kopf zerbrochen habe.
Ich hatte eine medikamentöse Abtreibung in der 8. SSW Ende März 2023.
Mein Bericht ist doch sehr lang und ausführlich geworden. Mein Fazit nochmal am Ende zusammengefasst:)
Zu meiner Ausgangssituation: Ich bin im März 21 Jahre alt geworden und habe 5 Tage vorher den positiven Test gehabt.
Eigentlich lebe ich mit meinem Mann in Portugal. Wir sind seit knapp 4 Jahren ein Paar. Seit Anfang des Jahres haben wir beide uns viel gestritten und haben gemerkt, da wir beide auch von zu Hause aus arbeiten, wir brauchen mal ein bisschen Abstand (es war aber keine Pause) und daher bin ich Mitte Februar zu meinem Papa und meiner kleinen Schwester nach Deutschland geflogen.
Nachdem ich 2 Tage da war, hatte ich mit Übelkeit, Appetitlosigkeit und Unwohlsein zu kämpfen. Da ich aber im Jahr 2021 mit leichten Depressionen inkl Panikattacken zu kämpfen hatte, bei denen ich die gleichen Symptome hatte, dachte ich, es kommt gerade nur etwas wieder hoch wegen der ganzen Umstellung und den emotionalen Belastungen. Da ich dies mittlerweile gut verarbeiten kann, habe ich gedacht die „Symptome“ legen sich die Tage wieder.
Dem war aber nicht so. So habe ich dann am 40. Zyklustag, das war der 7. März, einen Test gemacht; positiv. Ich verhüte mit NFP und habe durch meine dauerhaft SEHR hohe Temperatur und den viel höheren Ruhepuls von ca 105, an meiner Smart Watch, zusammen mit meinen anderen Symptomen und den ca 10 Tagen überfällig es dann irgendwann natürlich schon vermutet.
Ich habe viel Glück mit meinem Papa und konnte mit ihm viel darüber sprechen. Zu erst wollte ich das Kind auf jeden Fall behalten, am nächsten Morgen war ich dagegen und dann doch wieder dafür… ich war total hilflos und habe es meinem Mann auch an dem Tag nicht sofort erzählt. Generell wusste es nur mein Papa, meine kleine Schwester und ihr Freund und meine beste Freundin.
Dann am Abend habe ich es meinem Mann erzählt, er hat toll reagiert und hat sich auch zunächst gefreut. Als ich ihm sagte, ich überlege abzutreiben, hat er mir gesagt, dass er mich liebt und das es mein Körper und meine Entscheidung ist, das fand ich toll.
Am gleichen Abend im Bett habe ich gemerkt, dass ich je mehr ich mich auf das Kind einlasse und mich dafür entscheide, je mehr Panik bekomme ich. Mir hat es die Luft weggeschnitten darüber nachzudenken in meinen jungen Jahren jetzt für immer dieses Kind zu haben, für immer Mutter zu sein und nie wieder nur für mich entscheiden zu können. Da habe ich gemerkt, ich will und kann es noch nicht. Der Gedanke mein Leben um mein Kind rumzubauen und nicht um mich, hat mich in Panik versetzt. Das klingt sehr egoistisch, ich weiß… aber ich habe einfach gemerkt, ich brauche noch mehr Zeit für mich, meine Entwicklung und mein Leben . Ohne die Verantwortung für mein Kind.
Zumal ich wenn ich ein Kind bekomme, auch zu 100% meinem Kind alles geben möchte, bedingungslos.
Und das könnte ich jetzt einfach noch nicht.
Nächsten Tag habe ich dann auch meinen Mann noch einmal gefragt nach seiner ehrlichen Meinung und was er will. Zu dem Zeitpunkt war ich auch wieder angetan von dem Gedanken das Kind zu bekommen, aber innerlich war meine Entscheidung schon mehr oder weniger gefallen und ich wollte glaube ich auch noch mal eine Bestätigung von ihm das es nicht der richtige Zeitpunkt ist.
Diese habe ich dann auch wirklich sehr liebevoll bekommen, was ich ja auch wollte.. trotzdem war ich dann wieder unendlich traurig, es war dann so ein bisschen endgültig für mich.
Ich habe dann direkt einen Termin bei einer Beratungsstelle bei Pro Familia und bei meiner Frauenärztin gemacht. Das war dann 2,5 Tage nach positivem Test.
Der Termin bei Pro Familia, vor dem ich echt Angst hatte weil ich dachte man wird sehr in eine Richtung gelenkt, muss sich rechtfertigen und geht mit schlechtem Gewissen raus, hat mir ein sehr gutes Gefühl gegeben und war wirklich positiv!
Dann bin ich mit der Bescheinigung direkt zur Krankenkasse und habe dort die Kostenübernahme auch direkt ausgestellt bekommen.
Am 16. März hatte ich dann den ersten Frauenarzt Termin bei der die SS bestätigt wurde. Ich entschied mich auch dazu den Ultraschall zu sehen, den Herzschlag wollte ich aber nicht hören.
Auch ein Ultraschall Bild wollte ich gerne mitnehmen. Ich habe mir auch die App SS+ runtergeladen, bei der man die Entwicklungsstadien des Babies sieht und nachlesen kann. Das war eigentlich keine gute Idee wenn man sich schon dagegen entschieden hat, weil man einen viel größeren Bezug herstellt…
Am 20. März ( 57. Zyklustag) habe ich dann die Mifgyne Tablette beim Frauenarzt genommen. Daraufhin habe ich körperlich noch keine Veränderungen gespürt, aber psychisch ging es mir nicht so gut, ich war plötzlich sehr traurig und antriebslos…
Dann am 22. März (59. Zyklustag) habe ich die weiteren Tabletten (4 Stück) vaginal genommen, auch beim Frauenarzt. Danach musste ich noch 3 Stunden dort bleiben. Bei allem hat mich mein Papa begleitet. Ich kann jedem nur empfehlen nicht alleine hinzugehen!!
Nach knapp einer halben Stunde war mir sehr übel, kurz darauf habe ich mich mehrfach übergeben. Ich hatte 1000mg IBU 1,5 Stunden vorher schon genommen. Trotzdem hatte ich starke Schmerzen. Nachdem übergeben ging es mir deutlich besser, ich lag dann auf einer Liege in einem separaten Raum Mit meinem Papa.
Dann war es 1 Stunde gut auszuhalten und dann ging es richtig los. Mir war übel und ich habe sehr sehr starke Schmerzen bekommen.
Mir wurde gesagt die Blutung beginnt im Durchschnitt nach 2 Stunden, die waren nun um. Dann tat es knapp eine Stunde extrem weh und ich hatte sehr starke Krämpfe. Das waren die schlimmsten Schmerzen die ich hatte in meinem Leben, das kann ich leider nicht schönreden. Dann wurde es etwas besser…
Dann musste ich mich wieder mehrfach übergeben und nach drei Stunden immer noch keine Blutung. Dann nach knapp 4 Stunden kam eine schwache Blutung. Zu dem Zeitpunkt waren die Schmerzen etwas weniger. So sind wir dann schnell mit zwei weiteren Tabletten nach Hause gefahren.
Zu Hause war es dann den Tag über immer wieder mal mehr intensiv mal weniger und ich habe mich auch noch 2 weitere Male übergeben müssen.
Die Blutung war immer noch nicht sehr stark und ich habe dann abends noch die zwei weiteren Tabletten vaginal genommen.
Für die Nächte und auch zum Schutz der Möbel weil ich die Blutung nicht einschätzen konnte vorher, kam mein Papa auf die Idee Erwachsenen Windeln zu kaufen. Das hat mir irgendwie sehr viel Sicherheit gegeben, mich wenigstens so zu drehen wie es „bequem“ ist. Vielleicht so als kleiner Tip.
Am nächsten Morgen sollte ich dann meine Frauenärztin nochmal anrufen und sie updaten. Wir haben dann abgesprochen, dass wir den Tag abwarten und dann am darauffolgenden Tag sollte ich schon nochmal zur Kontrolle vorbei kommen, da es nicht sicher war ob der Abbruch erfolgreich war.
Die Schmerzen waren am Tag nach dem Abbruch schon viiiiel besser und am Tag drauf auch.
Bei der Frauenärztin am nächsten Tag war dann alles in Ordnung und es hat alles geklappt.
Ich war unendlich erleichtert!
Es tat dann ca 7 Tage noch etwas weh und von da an waren es noch ca 2 Wochen, also insgesamt ca 3,5 - 4 Wochen bis die Blutungen komplett verschwunden waren.
Jetzt habe ich seit 3 Tagen ganz normal meine Periode ohne Schmerzen.
Mein Zyklus mit der SS sozusagen war also insgesamt genau 90 Tage lang bis ich meine Periode wieder bekommen habe. So zur Orientierung.
FAZIT:
Insgesamt kann ich sagen, es war die richtige Entscheidung für mich. Ich werde sicherlich noch Zeit brauchen es zu verarbeiten und wie viele andere auch, gehe ich eher sachlich damit um und wenn es dann mal hochkommt, lasse ich es auch zu. Ich denke das ist sehr wichtig es nicht zu verdrängen.
Ich war froh das ich nicht alleine war und mein Papa mich in allen Lagen unterstützt hat.
Die Schmerzen waren wie schon geschrieben ca 1 Stunde extrem schlimm auch schlimmer als erwartet, dafür aber viel kürzer als erwartet und am nächsten Tag waren es schon nur noch leichte Periodenschmerzen. Auch die Blutung war viel geringer als erwartet, schätzungsweise wie eine recht starke Regelblutung.
Durch die ganze Übelkeit, Apetitlosigkeit und Unwohlsein vorher ging es mir vor dem Abbruch auch nicht so gut und ich habe mir viele Gedanken gemacht wie ich hinterher damit klarkomme.
Als es mir dann aber danach auch körperlich wieder besser ging, ging es mir auch mental wieder besser und ich habe es in mehreren Situationen in den letzten Wochen danach schon richtig gespürt wie dankbar ich bin das ich auf mich gehört habe und mich dagegen entscheiden konnte, weil ich einfach noch nicht bereit war.
Auch meiner Beziehung hat es nicht „geschadet“, eher im Gegenteil. Obwohl mein Mann räumlich nicht dabei sein konnte, sind wir uns dadurch (wieder) sehr viel näher gekommen. Er war sehr mitfühlend, nicht nur mit mir als „Mutter“ im Sinne von Mitleid, sondern wirklich weil es „unser Kind“ gewesen wäre und auch er emotional alles durchlebt hat.
Wie schon gesagt, denke ich auch manchmal darüber nach. Das Datum 6. November, welches der ET war, werde ich auch sicherlich für immer im Kopf behalten. Aber ich weiß das es richtig war und das ich wenn ich mal Mutter werde meine Kinder bedingungslos lieben werde weil ich es dann kann und bereit bin.
Einen wichtigen Satz den ich immer wieder während meiner Entscheidung im Kopf hatte, bei dem man sich selbst fragen sollte was löst es in einem aus und was bedeutet es für mich und mein Leben:
Du wirst in deinem gesamten Leben nie wieder KEINE Mutter sein.
Will ich genau das? Bin ich DAFÜR wirklich bereit?
Liebe Enya,
ich wollte dir auch schon länger antworten und jetzt ist es erst wieder möglich. Mir kommt es so vor: es ist wie eine Art Tagebuch, was du hier schreibst - deine Zeit des Abschiednehmens, wie alles kam und wie du die einzelnen Tage erlebt hast.
Das wird dir sicher helfen, alles zu verarbeiten.
Dein Vater war dir in dieser Zeit fast näher als dein Mann. Seid ihr beide nun wieder in Portugal beisammen?
Du hast es dir noch nicht zugetraut, dein Kind bedingungslos zu lieben und hast dich zu jung gefühlt und den Aufgaben nicht gewachsen.
Du schreibst in Anführungszeichen: „Mutter“ und „unser Kind“.
Kann es sein: In deinem Herzen hat es seinen Platz?
Alles Liebe für dich!
Layla