Hallo zusammen...
während ich diese Zeilen schreibe, fühle ich mich als würde ich mir von außen zugucken, seitdem ich weiß, dass ich schwanger bin, fühle ich mich wie ferngesteuert.
Ich suche nun etwas Rat und vielleicht auch Trost in diesem Forum.
Zu mir selbst, ich bin 25 Jahre und befinde mich im letzten lehrjahr einer rein schulischen Ausbildung im Office-Bereich. Ich wohne seit Beginn der Ausbildung im Haus meiner Familie und zahle nur eine geringe Miete.
Mein Leben war bisher alles andere als geradlinig, durch meine mentalen Probleme hatte ich mit vielen Dingen zu kämpfen. Umso wichtiger war es mir, diese Ausbildung erfolgreich abzuschließen um dann endlich in ein eigenständiges Leben gehen zu können, da ich bisher immer sehr abhängig von Anderen war und große Probleme damit hatte, in mich zu gehen und zu erforschen was ich eigentlich von diesem Leben erwarte.
Nun habe ich am Donnerstag Abend erfahren, dass ich schwanger bin, am Freitag bin ich direkt zum FA und habe es mir bestätigen lassen: 5. Woche. Man sähe sogar zwei Punkte, also laut FA eventuell Zwillinge. Was mich umso mehr aus der Bahn geworfen hat. Als ich dann zu weinen anfing, drückte mir die FA nur einen Abtreibungsflyer in die Hand und sagte, ich solle mich dort informieren.
Ich war total aufgelöst, weil ich mir diesen Termin einfach ganz anders vorgestellt habe...dass man mehr "aufgefangen" wird, stattdessen war es eiskalt und ich habe mich vorgeführt gefühlt. und bin anschließend direkt in den Zug gestiegen und zu meinem Freund gefahren, da wir gut 350 km auseinander wohnen.
Ich habe rumgedruckst, die Worte "Ich bin schwanger" klangen in meinem Kopf schon so absurd, und ausgesprochen dann umso mehr. Aber da wir das Thema schon mal in der Theorie durchgegangen sind, war mir klar dass er nicht negativ darauf reagieren würde, und so war es dann auch. Er war natürlich geschockt, aber ich sah ihm auch direkt die Freude an. Er ist übrigens 31 und aktuell nicht erwerbstätig...
Zuhause haben wir dann noch viel geredet und geweint, und die Quintessenz seiner Ansicht ist, dass er hinter mir steht, egal, wie ich mich entscheide. Und da sind wir beim Thema...wie soll ein Mensch so etwas entscheiden?
Alle Argumente sprechen gegen das Baby. Mein oberstes Ziel war es, einen gelernten Beruf fest in der Tasche zu haben und dann ins Berufsleben zu steigen. Ich wollte mich um meine mentale Gesundheit kümmern, da ich durch die Depressionen auch suizidale Gedanken habe. Mein Freund arbeitet nicht, sagt zwar, er würde das dann, aber ob das alles so klappt weiß man vorher natürlich nicht. Auch wie die Beziehung ein Baby verkraften würde, weiß man vorher nicht, und da ich selbst ohne Vater aufgewachsen bin, wäre alleinerziehend zu sein der Supergau für mich. Mein Freund sagt, dass wir vielleicht genau so was gebraucht haben, etwas, das uns den Sinn gibt. Da wir beide bisher sehr verloren durchs Leben geflogen sind, wie ein Blatt im Wind...Ich bin allerdings weniger der Ansicht dass man ein Baby für seinen Lebenssinn instrumentalisieren sollte. Vielmehr muss man doch erst mal den Sinn in sich selbst finden, ansatzweise wissen, was einen glücklich macht und was nicht...
Ich möchte keine Versagerin sein, ohne Ausbildung, ohne Geld, das geht doch nicht, ich muss dem Baby was bieten können.
Gestern kam ich dann heim und habe es unter Tränen meiner Mutter erzählt, ich hatte solche Angst wie sie reagiert, und sie war tatsächlich sehr abgeneigt, sagte direkt, dass ich es wegmachen muss...Das hat mir einen Schlag versetzt. Sie sagte auch, dass ich jetzt noch gar nicht abschätzen kann, was für eine Verantwortung auf mich zukommt, und dass mich mein Freund früher oder später verlassen wird und ich alleine dastehe.
Heute morgen habe ich dann bei profamilia angerufen und eine Konfliktberatung vereinbart; morgen um 12 ist der Termin.
Ich habe solche Angst, bin verwirrt, verzweifelt, irgendwie auch wütend auf meinen Freund, dass er mich in diese Lage gebracht hat, obwohl wir beide sehr verantwortungslos bei der Verhütung gewesen sind...
Immer wenn ich denke, dass ich eine Tendenz gefunden habe ob behalten oder nicht, siegt plötzlich wieder die andere Seite. "Irgendwie schaffe ich das" vs. "du machst dir dein Leben kaputt und bist nicht in der Lage dazu, jetzt Mutter zu sein".
Ich bin kein Kind mehr, aber ich fühle mich durchaus so, auch weil ich hier so behütet wohne und jede Entscheidung in meinem Leben aus meiner tiefen Unsicherheit heraus immer abhängig von anderen gemacht habe...
Vielleicht hat ja jemand einen Rat für mich, ich danke jedenfalls jedem, der sich das alles durchgelesen hat.
Liebe Grüße...
starless night
Liebe starless night,
gut, dass du hier schreibst. Für Rat und Trost.
Seit Donnerstag bist du in einer Ausnahmesituation und hast in so wenigen Tagen alles in Bewegung gesetzt, was überhaupt möglich ist. Du warst schon beim Arzt, hast mit deinem Freund offen gesprochen - incl. der Hin- und Rückreise - und dann auch mit deiner Mutter und hast schon einen Beratungstermin für morgen vereinbart.
Erstmal darfst du dich da wirklich zurücklehnen, sammeln, innerlich nachkommen. Es war sehr sehr viel auf einmal in dieser so kurzen Zeit!
Auch wenn die Situation dich bedrängt: Du hast erstmal Zeit, um dir klar zu werden, was nun ist und wie es für dich am besten ist. Wie du glücklich werden kannst.
Es stimmt beides: Erst selbst wissen.
Und auch das: Das Glück ergibt sich durch die Aufgabe, die einem das Leben stellt. So in der Art denkt dein Freund. Also eher, dass das Leben dich „instrumentalisiert“. Sprich – einfach braucht. Und du dann mit der Aufgabe wächst. Bzw. ihr beide.
Das sagt sich leicht, ist nicht leicht – es ist trotzdem viel Wahres dran. Du wächst schon allein dadurch, dass du diejenige bist, die Entscheidungen trifft für einen (oder zwei) Menschen, für die du eben Verantwortung trägst. Das kann man nicht vorher üben oder lernen, sondern es geschieht. Du bist da eigentlich schon mitten drin.
So wie dein Freund spricht, denkt er jedenfalls nicht daran, dich zu verlassen – das könnte eher die Angst deiner Mutter sein. Dein Freund war schon theoretisch offen für ein Kind. Und hat sich auch zunächst gefreut.
Kannst du selbst den Moment erspüren, wie dein erstes Gefühl war?
Dass es Zwillinge sein könnten – das wäre schon wirklich eine große Nummer. Es wird sich erst genauer zeigen, auch wie und ob sich alles gut weiter entwickelt.
Wann hast du wieder einen Arzttermin? Möchtest du wieder zu dieser Ärztin gehen? Sie konnte dich ja leider nicht auffangen in dieser Situation. Das ist schon sehr schade. Denn eine weinende Schwangere ... das ist doch verständlich ... fast normal würde ich sagen. Denn es ist einfach eine große Umstellung. Für jede Frau.
Ich kann mir gut vorstellen, dass du im Moment sehr schwankst, weil sich noch kein Gedanke wirklich ausbreiten konnte in den vergangenen Tagen. Und weil du in deiner Mutter und deinem Freund zwei so gegensätzliche „Ratgeber“ hast, denen du aber beiden emotional sehr verbunden bist.
Du suchst nach dem guten Grund in dir. Und das ist wirklich sehr gut und wichtig! Und das genau ist dein eigener Wunsch. Wie gut!
Dir ist am Wichtigsten, dass du für dich selbst erstmal gut im Leben stehst. Das wäre doch mit dem Abschluss der Ausbildung schon gegeben, oder? Du bist jetzt im letzten Lehrjahr - heißt das, dass du die Ausbildung abschließen könntest bis zur Geburt? Das wäre ja richtig passend!
Dann ginge es auch drum, wo du dir vorstellen könntest zu wohnen. Habt ihr darüber schon geredet? Vielleicht auch schon vor längerer Zeit in der Theorie, nämlich über eure Zukunftsvorstellungen? Oder aktuell jetzt am Wochenende erneut und ganz konkret? Was würdest du dir da wünschen?
Auf jeden Fall denke ich, dass du stärker bist als deine Mutter dich einschätzt.
Kannst du dir heute abend Zeit nehmen, um dir deine eigenen Gedanken zu notieren: Was du dir gut vorstellen kannst und was nicht. Was dich an den Vorstellungen glücklich macht? Was du konkret bräuchtest?
Denn das sind alles Themen, die du bei einer Beratung einbringen kannst und wo du auch um Unterstützung fragen kannst. Auch welche Wege es gibt, mit Gefühlsschwankungen umzugehen, um zu einer guten Entscheidung zu kommen. Was deine Stärken sind und welche Gefühle wofür bedeutsam sind?
Ich hoffe, du wirst da gut aufgefangen und kommst mehr zu dir selbst!
Konntest du heute überhaupt arbeiten gehen?
Es war wirklich sehr sehr viel!
Gönne dir einen ruhigen Abend. Vielleicht mit einem Spaziergang draußen, wo du zur Ruhe kommen kannst und dir vor Augen hältst, was schon gewachsen ist in deinem Leben.
Liebe Grüße von Layla
Liebe starless night,
heute war dein Beratungstermin bei Pro Familia. Magst du erzählen, wie es gelaufen ist? Ich hab deine Geschichte gelesen und finde es wirklich stark, wie geradlinig du eines nach dem anderen in die Hand genommen hast, nachdem du von deiner Schwangerschaft wusstest.
Du erzählst von mentalen Problemen in der Vergangenheit. Kann es sein, dass du diese Probleme in den letzten Jahren wirklich gut in den Griff bekommen hast? Zumindest spricht aus meiner Sicht deine klare Vorgehensweise sehr dafür. Du befindest dich im letzten Ausbildungsjahr, dann hast du ein ganz großes Ziel in deinem Leben erreicht. Weißt du schon, ob du den Abschluss noch schaffen kannst, bevor das Baby zur Welt kommt?
Was waren denn deine Pläne nach dem Abschluss? Du schreibst nicht, wielange du schon mit deinem Freund zusammen bist. Aber eine Beziehung zu pflegen, wenn man soweit voneinander entfernt lebt finde ich auch sehr bemerkenswert. Hier habt sicher auch Höhen und Tiefen miteinander erlebt und durchgestanden.
Dein Freund sagt, dass ihr vielleicht genau so was gebraucht habt, etwas, das euch einen Sinn gibt. Ich stimme dir zu, dass man ein Baby nicht instrumentalisieren sollte. Nur das Baby ist ja nun schon real, und es wird euch lieben allein dafür, dass du seine Mama bist und er sein Papa. Das Schöne ist, dass man als Eltern mit dem Baby wachsen darf. So ein kleines stellt keine Bedingungen um zu euch zu kommen.
Und jedes Elternpaar steht beim ersten Mal staunend und ein bisschen ehrfürchtig vor solch einer Aufgabe. Deshalb gibt es auch in jeder Stadt wirklich gute Unterstützungsangebote die ihr euch gönnen dürft, damit ihr in diese Aufgabe hineinwachsen könnt.
Ich will das nicht rosarot malen. Aber ich will dir sagen, dass du dir das zutrauen darfst, denn du musst es wirklich nicht allein schaffen.
Ich hoffe du hattest heute ein Gespräch, was dir Mut machen konnte und eine Perspektive, wie die mögliche Unterstützung aussehen kann.
Ich würde mich freuen, wenn du wieder schreibst.
Ganz liebe Abendgrüße von Linda
Hallo liebe Starless night,
ich habe auch an dich gedacht.
Hat dich die Beratung weitergebracht?
Es war so viel.
Hoffentlich kannst du über allem, was neu und aufwühlend ist und war, ein wenig zur Ruhe kommen.
Wie geht es dir heute?
Hallo, ihr lieben Menschen.
Ich kann leider jetzt erst antworten, da einfach zu viel los war. Erst einmal vielen Dank für die lieben Worte von euch beiden, das bedeutet mir arg viel.
Vor dem Termin bei profamilia hatte ich viel Bammel, aber es war zum Glück eine sehr nette Frau und das Gespräch war entspannt. Sie war "parteilos" und hat mir die Möglichkeiten für beide Seiten erläutert. Zu diesem Zeitpunkt war die Tendenz zum Abbruch schon stärker, aber ich war nach wie vor total durch den Wind und überfordert, vor solch einer Entscheidung zu stehen, wo ich doch vor ein paar Tagen noch in meiner kleinen, mehr oder weniger heilen Welt gelebt habe.
Sie hat mir dann den Beratungsschein ausgestellt und die Liste mit Ärzten, da habe ich dann auch direkt angerufen und einen Termin für Montag bekommen. Ich bin einfach immer noch geschockt, wie schnell das alles geht. Das mit der Krankenkasse ist auch schon abgeklärt, die würden die Kosten dafür ja übernehmen da ich Bafög beziehe.
Ich muss sagen, dass ich bis heute morgen versucht habe, über diesen Entschluss nicht weiter nachzudenken und das alles so ein bisschen auszublenden, habe den TV auf Dauerbeschallung und hab versucht, die Vorteile mir auszumalen, die ich dann hätte wenn alles vorbei ist und ich so leben kann wie vorher, und nur für mich selbst verantwortlich bin...
Tja, heute morgen kam dann der Zusammenbruch. Mir ist klar geworden, wofür ich mich so mehr oder minder eigenständig entschieden habe - nämlich einen Teil von mir aus mir raussaugen zu lassen, eine unumkehrbare Sache. Ja, es sind aktuell nur Zellen, und dennoch lebt da etwas in mir drin. Etwas, das meine Fehler jetzt ausbaden muss.
Und dann wache ich aus der Narkose auf und bin plötzlich wieder allein. Ich habe Angst, dass ich jetzt noch nicht begreifen kann, was das bedeutet.
Meine Oma sagt die ganze Zeit, dass ich mich nicht gegen das Kleine entscheide, ich verlege es nur auf einen späteren Zeitpunkt. Aber Fakt ist auch, dass das kleine Wesen jetzt schon mit Genen versehen ist, das bei einer zweiten Schwangerschaft nicht einfach repliziert wird - in dieser Form ist das kleine Wesen in meinem Bauch bereits jetzt schon einzigartig und ich werde vielleicht niemals erfahren, wie es ausgesehen hätte, welchen Charakter es hatte...
Ich bin nun stark am überlegen, ob ich den Abbruchtermin zumindest verschieben soll. Morgen habe ich erstmal einen weiteren FA Termin, ich denke das wird mich auch noch beeinflussen, je nachdem was auf dem Ultraschall sichtbar sein wird.
Ich weiß einfach nicht mehr weiter aktuell. Die nüchterne Seite in mir hebt nach wie vor den Zeigefinger und sagt, dass es gerade einfach nicht geht. Aber da ist ja noch die irrationale Stimme...
Zu deiner Frage, Linda: Mein Ziel war es, nach der Ausbildung ein paar Jährchen zu arbeiten, einfach die berufsroutine kennenlernen, mit meinem Freund auf Konzerte und Festivals fahren (wir sind beide sehr musikbegeistert) und dann - wer weiß - vielleicht sogar schon die Familienplanung angehen.
Meinen Freund kenne ich nun 4 Jahre, 2.5 davon waren wir zusammen, dann haben wir uns getrennt, weil wir zusammengefärcht in einer 1-Zimmerwohnung gehaust haben und uns täglich an die Gurgel sind. Dann war sehr lange Funkstille, wir lebten beide unser Leben weiter, bis er sich wieder bei mir meldete und alle alten Gefühle hochkamen - seither führen wir die Beziehung auf Distanz und es klappt sehr gut zwischen uns. Auch das lässt das Gedankenkarussel bei mir kreisen, wie soll das gehen wenn ich schwanger bin und er so weit weg wohnt? Ich könnte mich hier auch gar nicht fürs Baby einrichten weil ich ständig im Kopf hätte, dass ich nach der Geburt bzw der Ausbildung direkt ins Schwabenland mit ihm ziehen will.
Hach, es ist so schwer...
Was meine mentalen Probleme angeht: Man selbst merkt ja eher nicht, wenn man sich weiterentwickelt, aber wenn ich so bewusst zurückdenke dann kann ich ganz klar sagen, dass ich im Vergleich zu jetzt, früher ein seelisches Wrack war. Kann ich nicht anders sagen. Es gibt zwar immer noch viel aufzuarbeiten, aber man kann sich auch mal die kleinen Erfolge zugestehen. Ich schaffe es jeden Tag pünktlich zur Ausbildung, habe keine Fehlzeiten und das wichtigste: ich mache andere nicht mehr für mein Unglück verantwortlich.
Bloß an meinem Kaufverhalten muss ich noch arbeiten. Ich gebe viel zu viel Geld aus.
Trotz allem weiß ich nicht, wie ich auf einen eventuellen Abbruch reagieren würde. Vorher kann man immer sagen, das steck ich schon irgendwie weg. Wie die Realität aussähe, weiß ich nicht.
Liebe Grüße
starless night
Hallo du Liebe,
vielleicht bist du nun schon auf dem Weg zu deinem Frauenarzt. Ich freue mich, dass du wieder geschrieben hast und du erzählst so ehrlich von dem was dir durch Kopf und Herz geht.
Du Liebe, da ist so vieles in Bewegung gekommen und noch nicht zu Ende gedacht. Du spürst selbst, dass es jetzt für so eine weitreichende Entscheidung viel zu schnell geht. Deshalb will ich dir auf jeden Fall ganz viel Mut machen, den Termin für Montag abzusagen, oder zumindest zu verschieben!
Du hast erst einmal versucht, nicht darüber nachzudenken. Das ist verständlich, denn es erfordert Kraft sich dieser Realität zu stellen. Seit gestern hast du diese Herausforderung angenommen und dir die Auswirkungen in beide Richtungen vor Augen gestellt.
Deine Oma meint es sicher gut mit dir, doch du hast völlig recht, dieses Kind ist „unwiederbringbar“, einzigartig in seinem Charakter, Aussehen und Talenten, und nichts und niemand könnte es zurückbringen.
Und du spürst auch, dass in Wahrheit nach einem Abbruch nicht mehr alles so sein wird wie davor.
Hattest du in den Tagen Kontakt mit deinem Freund? Er wollte dir ja keine Entscheidung aufdrängen. Dann ist es für ihn bestimmt schwer, dich wissen zu lassen, dass er sich freuen würde und die Chance sieht, die in dieser gemeinsamen Verantwortung liegt.
Du schreibst von eurer gemeinsamen Geschichte. Da habt ihr wirklich schon eine ganz große Krise überwunden und dann ganz neu gespürt, was ihr füreinander empfindet.
Ich glaube eine 1-Zimmerwohnung würde wohl jedes Paar an seine Grenzen bringen, das muss man nicht wiederholen.
Aber du malst dir in deinen Gedanken schon aus, dass du nach der Geburt zu ihm ziehen würdest. Diesen Plan kannst du doch weiter ausfeilen und mit deinem Freund zusammen planen, wie es gehen könnte. Dazu habt ihr noch 9 Monate Zeit.
Am Anfang braucht das Baby wirklich nicht viel. So klein wie die Schätze sind, könnte es sogar in einem Kinderwagenaufsatz schlafen und das Bettchen wird erst im Schwabenland gekauft. Wickeln kannst du es überall, und eine Erstausstattung, was Anziehsachen betrifft, passt in eine IKEA – Tasche.
Du hast in den vergangenen Jahren so viel geschafft, wie du selbst schreibst. Da kannst du ganz bestimmt stolz drauf sein.
Gönn dir jetzt auf jeden Fall die Zeit die du brauchst, bis du mit einer Entscheidung rund bist.
Ich lese sehr gern wieder von dir.
Liebe Grüße Linda
Hallo liebe Linda,
ich hatte heute ja den FA Termin. Diesmal hat sie sich etwas mehr Zeit für mich genommen, auch wenn sie natürlich nicht die Rolle der Therapeutin übernehmen kann konnte ich einige Sorgen und Ängste ansprechen. Dazu meinte sie: "Wann ist denn schon der richtige Zeitpunkt?" Das hat mich zum nachdenken gebracht.
Aus dem kleinen Pünktchen ist nun eine Bohne geworden, wohl die Fruchthülle, die stetig wächst. Von dem Baby an sich sieht man natürlich noch nichts. Keine Zwillinge! Zum Glück, muss ich sagen.
Die Ärztin meinte, dass Sie mir ans Herz legen würde, noch bis nächste Woche zu warten bis man die Herztöne feststellen kann, denn es ist ja gar nicht sicher ob das Kleine überlebt. Ich halte das für einen sinnvollen Vorschlag, auch wenn das bedeutet dass die Gewissensbisse bei einem Abbruch um einiges größer ausfallen würden, wenn man weiß dass das Herz bereits schlägt. Puh.
Ich habe den Termin für den Abbruch nun erst mal verlegt. Klarheit kommt trotzdem nicht in meinen Kopf und ins Herz auch nicht so recht.
Ich fühle mich schuldig. Schuldig, dass ich mich nicht freuen kann. Schuldig, dass es eventuell sterben wird. Und wenn nicht, werde ich dann beim Anblick meines Kindes nicht immer daran erinnert, dass ich es eigentlich wegmachen lassen wollte?
Ich weiß aus eigener Erfahrung wie schmerzlich es für Kinder sein kann wenn sie erfahren, dass sie ein Unfall waren, dass sie Mamas Pläne durcheinander gebracht haben. Kinder neigen dazu, die Schuld bei sich zu suchen. Ich weiß das sehr gut und das macht mir Angst.
Was aktuell etwas Licht in die Dunkelheit bringt ist die Tatsache, dass ich mit meinem Freund so offen sprechen kann. Wir telefonieren viel und gehen alle möglichen Pläne im Kopf durch. Morgen Abend kommt er zu mir damit wir noch mal richtig reden können. Und ich wollte mich mal beim Schulamt informieren, welche Möglichkeiten ich hätte, die Ausbildung fortzuführen. Eventuell in Teilzeit? Vielleicht wäre das ja machbar.
Ich freu mich von dir zu hören, liebe Linda.
starless night
Guten Abend du Liebe,
ich bin so froh, dass du dich bei deiner Ärztin heute gut aufgehoben gefühlt hast. Und eine kleine Bohne konnte man schon sehen. Da kannst du auf nächste Woche gespannt sein. An dem Satz: „Wann ist schon der richtige Zeitpunkt?“ ist wirklich etwas dran. Irgendwie gibt es beinahe immer noch etwas, was man vorher machen oder erreichen will.
So kommt Neues zu deinen Überlegungen dazu und du sortierst für dich, wo du weiter drüber nachdenken möchtest und was du verwerfen kannst. Das ist doch ein guter Prozess.
Ich hab selbst auch ein Überraschungsbaby. Ich kenne solche Gedanken, was man „den Leuten“ - und dann später dem Kind, über seine Entstehung sagen soll. Wenn unsere Tochter uns gefragt hat, konnten wir immer ganz ehrlich sagen: „Du warst zu dem Zeitpunkt von uns nicht geplant, aber trotzdem warst du gewollt.“ Und klingt „Überraschungsbaby“ nicht ganz anders als „ein Unfall?“ Wir haben eben nicht alles in der Hand, wie z.B. das Leben, auch wenn eine ganze Pharmaindustrie uns das suggerieren möchte.
Deshalb musst du dir auch nicht den Druck machen, dass du dich jetzt schon freuen solltest. Das darf und wird kommen, wenn das „Licht in der Dunkelheit“ langsam heller wird.
Ist das nicht ein schönes Bild für deine „Sternlose Nacht“?
Ich freue mich, dass dein Freund morgen kommt, dann könnt ihr weiter an einer guten Perspektive arbeiten und schauen welche Pläne sich im Laufe der Gespräche herauskristallisieren.
Deine Idee das Schulamt zu kontaktieren ist auch so eine gute Idee, die vielleicht an dieser Stelle Licht in die Ungewissheit bringen kann. Und wenn Plan A nicht funktionieret, könnt ihr einen Plan B entwerfen.
Wie gut, dass du dir durch die Verschiebung des Termins, Zeit verschafft hast.
Da wünsche ich dir nun erst mal ein kreatives und entspanntes Wochenende.
Ganz liebe Grüße und einen kleinen Stern ✩ für die Nacht.
Linda
Liebe starless-night,
ich möchte dich sehr unterstützen in deinem Wunsch, mehr Zeit zu haben. Schon nach deinem ersten Bericht habe ich dir geschrieben, dass du alles sehr schnell nacheinander gemacht hast, was überhaupt möglich ist. Dass du kaum Zeit für dich selbst hattest, wo du überhaupt mal in der Situation ankommen kannst und sie betrachten, wie sie ist, wie sie werden könnte ...
Und nun hast du es selbst gespürt. Durch deinen Zusammenbruch. Dass sich etwas in dir gewehrt hatte und eine Stimme in dir nicht überhört werden wollte.
Eigentlich kannst du jetzt ganz in Ruhe alles nochmal für dich durchgehen. Den Weg zum Abbruch hast du vorbereitet. Und nun hast du dir eine Woche genommen, um dich mal überhaupt einzufühlen, wie es für dich ist. Die Klarheit kommt nicht sofort. Und auch wenn du dich für dein Kind entscheidest, ist es erstmal eine kleine geheimnisvolle und vielleicht zaghafte Freude. Und das darf es auch sein. Denn du gewöhnst dich ja erst ein. Du bist unerwartet schwanger geworden. Also, dir hat der Vorlauf gefehlt.
Aber was jetzt trotz dem Gedanken an die Abtreibung doch in dir schon entstanden ist, bedeutet viel: wie du die Entwicklung vom Pünktchen zur Bohne wahrnimmst. Wie dir Gedanken kommen, die du deiner Großmama entgegensetzen möchtest.
Und deine Zustimmung zur Ärztin, dass es einen passenden Zeitpunkt nicht wirklich gibt.
Ja, und die Anerkennung, die du dir selbst für deine Entwicklung in der vergangenen Zeit gibst.
Ich glaube, der Rückblick ist dir jetzt gerade besonders möglich. Eben durch den neuen Blick auf dein Leben durch die Herausforderung mit der Schwangerschaft.
Das mit den Schuldgefühlen ... das genau kannst du deinem Kind mitgeben, dass es sich für nichts schuldig fühlen muss (außer es hat selbst etwas verbockt). Dass zwar deine Pläne auf den Kopf gestellt wurde, aber du doch froh bist, dass du das zugelassen hast. Das wirst du ihm/ihr dann sagen können.
Das wäre jetzt schon eine Zukunftsvorstellung.
Vielleicht tut es dir gut, dich genau so nach und nach in die Zukunft hineinzutasten und hineinzufühlen und hineinzufreuen.
Und dein Kaufverhalten wird sich ziemlich automatisch anders entwickeln. ;-)
Zu euch als Eltern: ihr habt schon Zeiten erlebt, wo ihr gemerkt habt, was euch nicht guttut. Da seid ihr sehr gewachsen und gereift (wenn ich das so sagen darf). Und die Zeit der Schwangerschaft ist doch ein gutes Stück Zeit, um jetzt die Planungen für „dann“ anzugehen. Das gemeinsame Kind gibt eurer Beziehung nochmal eine neue Dynamik, einen größeren Sinn. Hattet ihr eine gute Zeit zusammen am Wochenende?
Dass du alles für den Abbruch in die Wege geleitet hast und sich dann etwas in dir zu Wort gemeldet hat, finde ich ein klares Zeichen aus deinem Innern, dem du trauen darfst.
Ganz liebe Grüße von Layla
Liebe Starlight
Schön, dass deine Frauenärztin sich dieses mal mehr Zeit genommen und deine Sorgen und Ängste angehört hat. Einen richtigen Zeitpunkt zu finden kann sich in die Weite ziehen. Ist das einte gelöst, steht schon irgend etwas anderes an.
Zum Glück ist es nur ein Bohne. Zwillinge wären natürlich schon happiger geworden.
Je weiter die Schwangerschaft ist, umso schwieriger wird die Entscheidung für einen Abbruch.
Es war sicher gut, den Termin mal zu verschieben, wenn du dir dessen nicht sicher bist.
Falls der Fötus sich nicht entwickelt, bist du daran nicht schuld. Es gibt viele Fehlgeburten. Wenn du dich für das Kind entscheidest, wirst du dich vielleicht nicht schuldig fühlen, dass du es mal wegmachen lassen wolltest, sondern erleichtert, es nicht getan zu haben.
Sicher ist es nicht schön zu erfahren, dass man ein Unfall war. Aber wenn man geliebt wird und ein gutes Leben hat, ist doch alles in Ordnung.
Hast du den Termin abgesagt, weiter verschoben oder wahrgenommen?
Lieben Gruss
Liebe starless night,
ich denke immer wieder an dich. Wie geht es dir mittlerweile? Hast du heute noch einmal den Termin bei deiner Frauenärztin? So hatte ich deine letzte Nachricht verstanden. Sie wollte dann schauen, ob das Kleine sich gut eingenistet hat. 💞
Ob dein Freund diesmal dabei sein kann? Nun steht ja wieder ein Wochenende an, könnt ihr da eure Gespräche fortsetzen? Wie ging es euch bisher, mit euren Gedanken? Vielleicht hast du ja inzwischen auch eine Nachricht vom Schulamt, was deine Ausbildung betrifft.
Ich würde mich sehr freuen, wenn du wieder erzählst was dir so durch Kopf und Herz geht, und wie es bei der Untersuchung war.
Ich schick dir ganz liebe Grüße 👋 und wünsche dir dann ein erholsames Wochenende.
Linda